Der berühmteste Hochgebirgsmaler des ausgehenden 19. Jahrhunderts hatte einen denkbar
schlechten Start ins Leben: Giovanni Segantini (1858-1899) im damals österreichischen Arco am
Gardasee geboren verlor als Siebenjähriger seine Mutter - und seine Staatsangehörigkeit eine
Halbschwester hatte sie dem renitenten Kind aberkennen lassen er blieb zeit seines Lebens
staatenlos. Nach Erziehungsanstalt und Gelegenheitsarbeiten kam er 1875 nach Mailand schrieb
sich in der Kunstakademie Brera ein und erregte schon mit seinem ersten größeren Gemälde einem
Kirchen-Interieur wegen des ungewohnten Lichteinfalls Aufsehen. Das Licht wird Segantini
beschäftigen je höher er in den Bergen - und im Ruhm - aufsteigt. Er erfindet eine eigene
Maltechnik den Divisionismus um die ungebrochene Helligkeit des Hochgebirges wiedergeben zu
können als er von der Lombardei nach Graubünden (1200 m) und schließlich ins Oberengadin nach
Maloja (1800 m) zieht. Auf 2730 m Höhe in einer Hütte oberhalb von Pontresina wo er das
mittlere Bild seines Alpen-Triptychons vollenden will stirbt Segantini erst 41 Jahre alt -
bewundert und geehrt zu seinen Lebzeiten dann zu Unrecht der in Verruf geratenden Heimatkunst
zugerechnet und spät wiederentdeckt. Seine letzten Worte Voglio vedere le mie montagne - Ich
will meine Berge sehen werden über 70 Jahre nach seinem Tod Joseph Beuys zu der gleichnamigen
Rauminstallation inspirieren.Michael Krüger Schriftsteller und ehemaliger Leiter des
Hanser-Verlags liebt die Schönheit und das gänzlich unsentimentale Naturverständnis von
Segantinis Bildern seit langem. Kenntnisreich eher literarisch als kunsthistorisch nähert er
sich ihnen an.