Steht es dem Schriftsteller frei einen historischen Stoff in einem literarischen Text nach
eigenen Maßgaben zu verändern? Von Platon bis Philip Roth reicht das Spektrum der Texte anhand
derer Ruth Klüger dieser Fragestellung nachgeht.Was ist wahr? - Wie steht es um das Verhältnis
des geschichtlichen Faktums zum Erzählen davon? - Ruth Klüger beschäftigen seit vielen Jahren
die philosophischen moralischen und nicht zuletzt ästhetischen Dimensionen dieses Problems.
Warum hat der Dramatiker Schiller Jeanne d'Arc auf dem Schlachtfeld sterben lassen wiewohl er
es als Historiker besser wußte? Wieso können wir es leicht hinnehmen daß er Maria Stuart so
deutlich »verjüngt« fänden es aber unverzeihlich hätte Tolstoi Napoleons Niederlage im
Rußlandfeldzug unterschlagen? Warum wird ein und derselbe Text ganz neu gelesen wenn man
erfährt daß sein Verfasser nicht eigene Erinnerungen aufgeschrieben hat etwa als ein
Überlebender der Lager sondern eine Romanhandlung in Ich-Form erfunden hat? Warum findet man
unter Umständen kitschig wovon man vorher ergriffen war? »Die Autobiographie ist ein Werk in
dem Erzähler und Autor zusammenfallen eins sind.« Und so gewiß Ruth Klüger das Schreiben über
die eigenen Erfahrungen in einem Grenzdorf zwischen Geschichte und Belletristik angesiedelt
sieht so sicher hält sie fest an der Identität eines Ich das Zeugnis ablegen kann.