Das Gesamtwerk eines großen Unbekannten der deutschen Literatur des 20. Jahrhunderts in einem
Band.»Am 23. Januar 1905 unter Schmerzen im Schatten einer Monarchie geboren Auf Stroh mit
Lumpen zugedeckt später das Schädelchen kahl geschoren. Gelernt bei den grauen Schwestern
Beten Singen und Speichelschlucken wenn Luft im Magen gärt und Träume wie der Frühling
seinen Nacken jucken.«Das Selbstporträt des sein Leben lang von Unruhe getriebenen Dichters
Jesse Thoor als Proletarier ist wahrlich kein poetisches Armutszeugnis. Franz Werfel erkannte
in den Sonetten des ehemaligen Kommunisten sogar »die erstaunlichste Leistung die mir auf dem
Gebiete deutscher Lyrik seit Jahren begegnet ist« und Werfel war es auch der mit seiner
Stipendiums-Empfehlung dem Dichter 1939 die Flucht nach London ermöglichte wo er bis zu seinem
Tod am 15. August 1952 im Exil lebte.Jesse Thoor hat ein schmales Werk hinterlassen 1948
erschien sein einziges Buch zu Lebzeiten: »Sonette«. Seine Gedichte neben den Sonetten die
»Reden« »Rufe« und »Lieder« und seine Prosa zeichnet eine am Alltag orientierte einfache und
konkrete Sprache aus die er formal raffiniert zu arrangieren wusste. Thoors Werk das mit
dieser Edition auf Grundlage der von Michael Hamburger 1965 herausgegebenen Werkausgabe wieder
umfassend zugänglich gemacht wird zeugt höchst eindringlich vom existentiellen Ringen in einer
ganz und gar nicht »hochherrlichen« Zeit der er in seinen Gedichten die harte
Realitätserfahrung aber auch spirituelle und mystische Einsichten entgegensetzte.
Pressemitteilung Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung Darmstadt Wüstenrot Stiftung