Die alltägliche Relevanz von historischen und gegenwärtigen Grenzen in der Ukraine. Seit 2014
ist die Ukraine medial allgegenwärtig. Dabei sind es neben den sprachlichen religiösen oder
politischen Differenzen immer wieder die historischen Grenzen die für regionale Unterschiede
verantwortlich gemacht werden. Sabine von Löwis untersucht in einer Fallstudie an der
historischen Grenze am Zbruc die Relevanz vergangener staatlicher Ordnungen für das
Alltagsleben in der heutigen Ukraine. Die zu diesem Zweck untersuchten Dorfgesellschaften sind
ursprünglich als ein Dorf gegründet und erst durch die Teilungen Polens am Ende des 18.
Jahrhunderts durchschnitten worden. Nach 1945 gehörten sie ungetrennt aber auch nicht vereint
zur Sowjetunion heute sind sie Teil der unabhängigen Ukraine. Anhand eines Dorfjubiläums
analysiert die Autorin wirtschaftliche politische und kulturelle Besonderheiten. Viele
Unterschiede erscheinen dabei augenfällig doch haben sie mitnichten zwingend eine separierende
Funktion und mitunter befinden sie sich sogar in einem Auflösungsprozess. Die Phantomgrenze
erweist sich hier weder als etwas Gegebenes noch als Konstrukt: Sie entsteht dort wo eine
Gemeinschaft in der Deutung alltäglicher Praktiken und in einer spezifischen Situation ihre
Geschichte erinnert.