Eine Studie die Typographie historisiert und als streitbares visuelles Formreservoir der
Literatur- und Ideengeschichte verstehbar macht. In Fallstudien vom späten 18. bis ins 21.
Jahrhundert geht Christopher Busch der Erfindung und Verwendung einer Schrift der sogenannten
Unger-Fraktur nach. Dabei interessiert in welchen kultur- institutions- und
sozialgeschichtlichen Kontexten sich die Erfindung und Etablierung dieser Fraktur durch den
Verleger und Drucker Johann Friedrich Unger um 1800 vollzog wie sie von den zeitgenössischen
Autoren (Karl Philipp Moritz Johann Wolfgang von Goethe Novalis Friedrich Schlegel Ludwig
Tieck u. a.) aufgenommen wie sie dann um 1900 wiederentdeckt und für die Werkausgaben von
Literaturnobelpreisträgern (Thomas Mann Hermann Hesse) verwendet wurde und wie sie schließlich
in der Gegenwartsliteratur erneut Anklang findet (Max Goldt). Es zeigt sich dass die
Unger-Fraktur eine Schlüsselrolle bei der Erzeugung und Historisierung literarischer
Bedeutsamkeit inne hatte: Konnte sie um 1800 dabei helfen die Literatur überhaupt als
kulturell signifikante Institution zu etablieren wirkte sie um 1900 bei der Kanonisierung
literarischer Modernisten mit und markiert heute Poetizität per se. Die Studie leistet einen
Beitrag zur Erforschung der buchmedialen und visuellen Dimension der Literatur und damit der
visuellen Kultur insgesamt.