Über zwei miteinander unvereinbare Geschichtsbilder in Wolfsburg die durch ihre Konkurrenz den
Charakter der Stadt entscheidend prägten.Nach dem Zweiten Weltkrieg erschütterte der Umgang mit
den Verbrechen des Nationalsozialismus die Fundamente des städtischen Selbstbildes in
Wolfsburg. Schließlich verdankte die junge Kommune ihre Existenz einem nationalsozialistischen
Propagandaprojekt verwirklicht unter Einsatz tausender Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter.
In der Stadtgesellschaft etablierte sich schnell ein apologetisches Geschichtsbild das einen
positiven Blick auf die Vergangenheit der Stadt ermöglichte: Es huldigte dem Pioniergeist der
ersten Einwohner und ihrer angeblich apolitischen Fortschrittsbegeisterung. Als sich in den
1960er Jahren vor allem Angehörige der jüngeren Generation für eine kritische
Auseinandersetzung mit der Geschichte einsetzten und ein konkurrierendes Geschichtsbild
propagierten geriet diese Erzählung unter Druck. Der Konflikt dieser Bilder bestand nicht
allein in der unterschiedlichen Deutung historischer Tatsachen: Sie standen für unvereinbare
Vorstellungen von historischer Wahrheit.