Diese journalistische Prosa leuchtet durch Präzision ergreifende Unmittelbarkeit und Poesie.
Milena Jesenská ist bisher in erster Linie als Freundin Franz Kafkas bekannt. Diese Wahrnehmung
versperrt den Blick auf ihre eigene schriftstellerische Tätigkeit. Ihr publizistisches Werk aus
den Jahren 1919 bis 1939 steht gleichberechtigt neben Werken von Schriftstellerinnen wie
Bettina von Arnim George Sand oder Sophie Scholl. Die Journalistin Jesenská durchbricht die
übliche thematische Festlegung auf Mode und Haus und zeigt in szenisch lebendigen Reportagen
die Alltagsnot nach dem Ersten Weltkrieg in Wien die Kinderarmut die Bildungsverelendung und
den Schleichhandel. In Prag propagiert Jesenská die Projekte der europäischen Avantgarde und
deren gesamtgesellschaftliche Relevanz. Den politischen Höhepunkt bilden die Reportagen aus den
Sudetengebieten 1937 bis 1939. Jesenskás unvoreingenommener Blick sieht vor allem diejenigen
Deutschen die als Nichtmitläufer zwischen nationalsozialistischer und tschechischer Front
verloren sind. Alena Wagnerová stellt in diesem Band einzigartige Dokumente zusammen die das
großartige journalistische Werk Jesenskás wieder sichtbar machen.