Anselm Haverkamp fasst seine Arbeiten zum Begriff der Latenz systematisch zusammen und
exemplifiziert die These der Latenz des Ästhetischen als historische Kategorie an einer Reihe
von Beispielen aus Literatur und Kunst die von Livius über Bruegel bis Beckett reicht. Latenz
ist ein methodisch unterbelichteter Aspekt der Theoriebildung der eine Verlegenheit der
historischen Einschätzung zum Ausdruck bringt. Sie scheint der kaum begriffene Inbegriff dessen
was man gemeinhin Historizität nennt. Weil das latent Wahrgenommene in der Anmutung
historischer Quellen nur punktuell zu fassen ist entzieht sich und widerspricht die Latenz den
systematischen Unterstellungen von Tendenz oder Teleologie qua Entwicklung oder Fortschritt.
Sie scheint pure Kontingenz aber kontingent ist nur ihre Oberfläche. In Literatur und Kunst
Texten und Bildern wird die Latenz als Vorstruktur im kontingent Erfahrenen auf eine paradoxe
Weise greifbar die seit Baumgarten ästhetisch heißt. In der Ästhetik der Latenz taucht aus der
Unübersichtlichkeit des Geschehenen »Geschichte« auf.