Weit mehr als ein Orchideenfach: Ein Essay über die neuesten Entwicklungen der Byzantinistik.
Vor zwei Forschergenerationen hat Cyril Mango das Schrifttum der Byzantiner als »Zerrspiegel«
bezeichnet und dessen historischen Aussagewert in Frage gestellt. Ein halbes Jahrhundert später
gibt dies Anlass zur Reflexion über Entwicklungen von neuen Fragestellungen und neuen Methoden
auch im digitalen Bereich. Mit Metaphern aus der Optik als rotem Faden - wie Zerrspiegeln
Streiflichtern Seitenblicken und blinden Flecken - blickt Claudia Rapp auf die jüngsten
Entwicklungen der Forschungslandschaft zurück und wagt eine Bestandsaufnahme. Was steht im
Mittelpunkt des Forscherinteresses und was wird auf diese Weise nicht oder nur sehr selektiv
wahrgenommen? Wie hat die Byzantinistik von neuen Forschungsimpulsen in anderen Fachdisziplinen
profitiert? Welche Erkenntnisse sind nur dann möglich wenn das Augenmerk auf
nicht-byzantinische Quellen gelenkt wird? Welche Rolle spielen die Entwicklung der akademischen
Publikationskultur und die digitale Revolution in diesem Zusammenhang? Es wird deutlich wie
der verstärkte Dialog mit anderen Forschungsrichtungen die Byzantinistik auf neue Wege des
Sehens gebracht hat.