Wozu brauchten Fürsten »Zwerge« und was taten diese Kleinwüchsigen an einem Hof? Eva Seemann
widmet diesem fast vergessenen Hofamt erstmals eine eigene Studie. An den Fürstenhöfen der
Frühen Neuzeit waren »Hofzwerge« weit verbreitet. Was aus heutiger Perspektive befremdlich
erscheinen mag war an vielen Höfen bis weit ins 18. Jahrhundert fest etabliert: Sich mit einem
oder mehreren »Zwergen« zu umgeben gehörte für Fürsten und Adlige in ganz Europa zu den
Ansprüchen an eine standesgemäße Hofhaltung. Kleinwüchsige Menschen bekleideten als
»Kammerzwerge« nicht selten ein eigenes Hofamt fungierten als Leibdiener Unterhalter
Spielgefährten Boten und Vertraute und konnten bisweilen zu einflussreichen Persönlichkeiten
werden. Eva Seemann untersucht dieses bisher wenig beachtete Phänomen anhand der deutschen Höfe
erstmals in einer eigenen Studie. An der Schnittstelle von Hofgeschichte und Disability History
werden so Fragen nach Zugehörigkeit und Ausgrenzung sowie der ambivalente Umgang der
frühneuzeitlichen Gesellschaft mit körperlicher Andersheit problematisiert. Auf breiter
Quellenbasis und in akteurszentrierter und praxeologischer Perspektive fragt sie nach der
Bedeutung dieses Hofamtes für das Funktionieren des frühneuzeitlichen Fürstenhofes aber auch
nach den Lebensbedingungen und Handlungsräumen der oftmals zu Unrecht bemitleideten
Kleinwüchsigen am Hof.