Über die Verbindung religiöser und rassistischer Diskriminierung. Das Konzept
unterschiedlicher menschlicher »Rassen« sowie daraus resultierender Rassismus werden häufig als
Erscheinungen der Moderne angesehen die biologisches Wissen und biopolitisches Denken
voraussetzten. Doch die Diskriminierung und Verfolgung von Menschen aufgrund ihrer biologischen
Herkunft ist weitaus älter und lässt sich mindestens bis ins Mittelalter zurückverfolgen. Wie
lässt sich die lange Geschichte dieser kulturellen Grenzziehungen verstehen und was lässt sich
daraus für die heutigen Erscheinungsformen des modernen Rassismus lernen? Als international
anerkannter Experte für die Geschichte jüdischer christlicher und islamischer Kulturen
verschränkt David Nirenberg in diesem Essay die Betrachtung von biologisch geprägter
Diskriminierung und Verfolgung mit der religiösen Diskriminierung von Menschen. Am Beispiel der
kastilischen Christen im 14. und 15. Jahrhundert sowie der muslimischen Almohaden in Nordafrika
im 11. und 12. Jahrhundert zeigt er wie unterschiedliche religiöse Kulturen Konzepte
hervorbrachten die bemerkenswerte Ähnlichkeiten zu moderner rassistischer Diskriminierung
aufwiesen. Damit fragt er letztlich nach der Geschichte einer Verbindung von kulturellen
Konzepten der Ähnlichkeit und Differenz mit Ideen der biologischen Reproduktion.