Weimarer Klassik und tragédie classique - Die klassische Form und ihre staatsrechtliche
Bedeutung Vor dem Hintergrund der epochalen Verunsicherungen des ausgehenden 18. Jahrhunderts
stellen sich Goethe und Schiller in ihrer Dramatik den politischen Dimensionen und Abgründen
der klassischen französischen Tragödie. Verkappte Staatsgründungen beherrschen ebenso das
Geschehen wie der Staatsstreich der Bürgerkrieg oder der failing state. Eine neue Aktualität
gewann das Drama Corneilles und Racines jedoch erst wegen seiner Aufladung der klassischen Form
mit staatspolitischen Fundamentalfragen. Das Ringen um eine Regelpoetik und ihre angemessene
Umsetzung vermeintliche Nebensächlichkeiten wie die Einheit der Zeit werden zum Schauplatz
genuin politischer Reflexion. Goethe und Schiller verzichten auf eine Restauration der
klassischen Form sie entdecken aber ihre ursprüngliche Energie wieder und verhandeln diese
neu. Besonders deutlich zeigt sich dies am dramaturgischen Konflikt zwischen König und Held
der einen bislang weithin übersehenen Grundpfeiler der klassischen Tragödie bildet.