Wunschzeit Mittelalter. Wie alte Kunst neu geordnet und eine Epoche erfunden wurde.»Das
Mittelalter« diente seit seiner Erfindung in der Frühen Neuzeit für unterschiedliche
Distinktions- und Identifikationswünsche. So wurde es um 1800 zur Projektionsfläche für neu
entstehende nationale und imperiale Politikinteressen. Diese Mittelalterbilder verleugneten
ihren instrumentalen Charakter und wirken so oft unerkannt bis heute. Anhand der Aneignung
mittelalterlich imaginierter Artefakte durch aristokratische und bürgerliche Sammler Ende des
18. und im Laufe des 19. Jahrhunderts sowie der gleichzeitigen spiegelbildlichen Abstoßung
solcher Artefakte geht die Autorin der Frage nach der Produktion von Mittelalterbildern nach.
Es werden widersprüchliche Interessen am »Mittelalter« offen gelegt und die kulturellen
Dispositionen von Mittelaltermoden aufgedeckt. Zur Sprache kommen ein spätabsolutistisches
Mittelalter in Wörlitz eine bürgerlich anachronistische Glasmalerei-Sammlung in Zürich deren
durch nun entstehende öffentliche Sammlungsinteressen bewegten Weg über Schlesien zurück in die
Schweiz die widersprüchliche Ungleichzeitigkeit preußisch-höfischer Privatsammlungen in
Glienicke mit ihrem auratischen Ausweichen in byzantinisierende Herrschaftsmotive sowie die
gleichzeitige europäische Zerstreuung des Basler Münsterschatzes in neuen rivalisierenden
ständischen und nationalen Kontexten.