Überwachen und disziplinieren - die Entwicklung gesundheitsfürsorgerischer Praktiken im 20.
Jahrhundert anhand des Beispiels Frankfurt a. M.Ausgehend von der eugenisch geprägten Idee
einer national erbbiologisch und ideologisch definierten »Volksgemeinschaft« wurden im
nationalsozialistischen Deutschland Gesundheitsfürsorge und Sozialhygiene zu zentralen
Handlungsfeldern der Politik. Jens Kolata untersucht die Praxis der öffentlichen
Gesundheitsfürsorge am Beispiel von Frankfurt a. M. von 1920 bis 1960. Das städtische
Gesundheitsamt bildete das Zentrum eines Netzes von Institutionen und Personen die
hauptsächlich sozial benachteiligte und am Rande der Gesellschaft stehende Menschen betreuten
überwachten reglementierten und disziplinierten. Dabei standen die Bekämpfung von
Geschlechtskrankheiten und die psychiatrische Fürsorge in engem Zusammenhang mit der Praxis der
Sterilisation der erbbiologischen Erfassung der Bevölkerung und der Unterbringung bestimmter
Personengruppen in Arbeitshäusern - letzteres noch über die NS-Zeit hinaus. Auch die
Perspektiven und Handlungsweisen der Betroffenen werden in dieser Studie beleuchtet. Der Band
reicht über die Zäsuren von 1933 und 1945 hinaus und nimmt sowohl Radikalisierungsprozesse in
der Weimarer Republik als auch Kontinuitäten in der frühen Bundesrepublik in den Blick.