Einfühlsam wortgewaltig und analytisch brillant: die Lebensgeschichte Theodor Lessings erzählt
von Rainer Marwedel Der jüdische Philosoph Theodor Lessing wurde am 8. Februar 1872 in
Hannover geboren ein Jahr nach Gründung und Proklamation des Deutschen Kaiserreichs. Er starb
am 30. August 1933 im Exil in Marienbad ermordet von sudetendeutschen Anhängern der
Nationalsozialisten. »Theodor Lessings Leben ist eine Einführung in die Katastrophengeschichte
dieses Landes« - so fasst Marwedel das Ergebnis seiner Biographie eines auch heute noch
unbequemen Zeitgenossen zusammen. Legenden über den »vollbärtigen Querkopf« Vorurteile gegen
den »Feuilletonisten« rückt er zurecht ohne angestrengte Belehrung erzählend öffnet er einen
Zugang zu Leben und Werk dieser vielschichtigen Persönlichkeit. Das Buch geht dabei weit über
eine bloße Lebensgeschichte Theodor Lessings hinaus: Was Marwedel bietet ist vielmehr ein
breit angelegtes historisches Panorama das die Atmosphäre der damaligen Zeit widerspiegelt.
Es ist eine Zeit in der traditionelle und moderne Weltbilder aufeinanderprallen und sich zu
einer hochexplosiven Mischung sozialistischer anarchistischer völkischer und antisemitischer
Elemente verbinden die schließlich den Nährboden für den Erfolg der NSDAP liefern werden. Um
von heute zur reden: In einer Zeit des wiederaufkeimenden Antisemitismus dem wir in den
unterschiedlichsten Spielarten allerorten begegnen ist dieses Buch absolut gegenwärtig.
Marwedels Lessing-Biographie erschien erstmals 1987 und wurde 1990 mit dem Carl-von-Ossietzky
Preis der Stadt Oldenburg ausgezeichnet. Diese Neuausgabe bietet neben teilweise noch
unveröffentlichtem Bildmaterial zusätzlich eine bis heute fortgeschriebene kommentierte
Bibliographie.