In der Biografie des Gründers des weltberühmten Hamburger Tropeninstituts verdichten sich
Kolonialismus Nationalismus und modernes Gesundheitsmanagement. Bernhard Nocht (1857-1945)
galt Zeitgenossen als »Vater der deutschen Tropenmedizin«. Aus kleinen Verhältnissen stieg er
zum Gründungsdirektor des bekannten heute nach ihm benannten Hamburger Instituts für Schiffs-
und Tropenkrankheiten sowie zum Rektor der Universität Hamburg auf. Als Schüler Robert Kochs
stand Nocht dabei im Schnittpunkt bakteriologischer und hygienischer Diskurse die er bald auch
im Sinn eines modernen Gesundheitsmangements prägte. Strategisch geschickt machte er sich und
sein Tropeninstitut unentbehrlich für die Ausbildung kolonialer Ärzte und etablierte
wissenschaftliche Netzwerke etwa zum Reichskolonialamt zum Oberkommando der Schutztruppen und
in die internationale Tropenmedizin. Markus Hedrich erzählt Nochts Vita erstmals fundiert und
fragt nach den Schnittpunkten von modernem Gesundheitsmanagement Militarismus und kolonialer
Expansion. Neben Nochts eigenen Forschungen zu Malaria und Beriberi thematisiert der Autor auch
dessen politische Verhältnisse in drei politischen Systemen vom Kaiserreich bis zum NS-Regime.
Hierbei steht Nocht auch exemplarisch dafür wie sich »die Totalität dessen was Kolonialismus
ist« (Jürgen Zimmerer) in einem gelebten Leben niederschlägt und wie kolonial geprägte Akteure
den Kolonialismus weiter vorantrieben und beeinflussten. Diese Biografie ist eine Studie über
sensationelle medizinische Erfolge aber auch über rassistische Kolonialgewalt - von Nochts
ersten Schritten als Marinearzt auf einem deutschen Kanonenboot in der Südsee bis zu seinem
Freitod im Juni 1945.