Internate galten und gelten als »Schulen der Männlichkeit«. Daniel Gerster geht der Bedeutung
dieses Konzepts seinen Diskrepanzen und Wandlungen nach. Internate galten in den
bürgerlich-protestantischen Gesellschaften des 19. und 20. Jahrhunderts als »Schulen der
Männlichkeit«. Aus Sicht von Pädagogen und interessierten Eltern boten sie Jungen den Raum
ohne übermäßigen weiblichen Einfluss unter Aufsicht von Männern aufzuwachsen. Eine Erziehung zu
Männlichkeit war von großer Bedeutung in einer Zeit in der das Geschlecht die soziale Stellung
einer Person grundlegend bestimmte. In Großbritannien schickten daher zahlreiche Eltern aus der
middle class ihre Söhne auf Internate während sich in Deutschland nur wenige bürgerliche
Familien dafür entschieden. Daniel Gerster geht in seiner vergleichenden Studie der
unterschiedlichen Bedeutung von Internaten in der britischen und deutschen Gesellschaft
zwischen 1870 und 1930 nach. Er untersucht wie sich in beiden Ländern Männlichkeitsideale in
der Erziehung angesichts einer vermeintlichen »Krise des Mannes« wandelten und fragt nach
Gemeinsamkeiten Unterschieden und Verflechtungen. Zugleich arbeitet er am Beispiel von
ausgewählten Schulen wie der englischen Public School Harrow und dem deutschen Reforminternat
Salem Diskrepanzen zwischen den Idealen und der Praxis vor Ort heraus und legt den Eigensinn
offen mit dem Internatsschüler sich gegenseitig zum Mann »erzogen« haben.