Die Berufung auf das Recht wird mit jedem Tag wichtiger. Umgekehrt gibt es kaum empirische
Untersuchungen darüber wie juristische Entscheidungen ganz alltäglich zustande kommen. Bruno
Latour legt nun eine ebenso erhellende wie anregende ethnographische Studie genau darüber vor
wie das Recht auf seine Weise hervorbringt was wir »Gesellschaft« nennen. Wegen der strengen
Fachlichkeit der Materie bleibt das Recht gewöhnlich den professionellen Juristen vorbehalten.
Die Soziologie glaubte sich einer näheren Beschäftigung damit entledigen zu können indem sie
auf Machtverhältnisse verwies die durch das Recht lediglich verborgen würden. Wie dann aber
das Recht analysieren? Man kann sich nicht einerseits außerhalb des Rechts stellen und sich des
Jargons der Fachleute enthalten und sich andererseits innerhalb seiner Praxis bewegen um seine
besondere Form der Objektivität und Wahrheit zu erfassen. Bruno Latour entwickelt in seinem
Buch hingegen eine ethnographische Methode die einen behutsamen Ausgleich zwischen
distanzierter Beobachtung und engagierter Teilnahme zum Programm macht.Die Rechtsfabrik
präsentiert einen spannenden Einblick in das französische Verwaltungsrecht. Latour legt
besonderen Wert auf die Schriftstücke die Erstellung und Handhabung der Gerichtsakten die
Interaktionen zwischen den Mitgliedern des Conseil d'État die Besonderheiten des
Staatsratskollegiums vor allem aber auch auf die Verschiedenartigkeit der
Zuständigkeitsbereiche die es erlauben gut zu entscheiden. Mit diesem Buch führt Bruno Latour
nach einer Reihe von Untersuchungen zu wissenschaftlichen Laboratorien technischen
Innovationen zum religiösen Diskurs und zur politischen Rede das Programm einer systematischen
Anthropologie zeitgenössischer Formen der Veridiktion fort. Dem Autor ist es hier auf
glückliche Weise gelungen die zahlreichen Verbindungen zwischen dem Recht und jener
Gesellschaft neu zu knüpfen von der es unterhalten wird und der es im Gegenzug Sicherheit
bietet.