Was die Gesellschaft der Frühen Neuzeit zu einem so besonderen und wichtigen Gegenstand der
Geschichtswissenschaft macht ist eine ebenso offene wie gerne gemiedene Frage. Sie als
Vergesellschaftung unter Anwesenden zu begreifen lautet der Vorschlag dieses Buches.
Kommunikation unter Anwesenden koordinierte lange den Zusammenhang und die Logik von Geschichte
wie Rudolf Schlögl am Beispiel der Reformation zeigt. Im Verlauf des anschließenden
dreihundertjährigen Wandels von Institutionen und Kommunikationsformen wurden auch Abwesende
mehr und mehr in Handlungs- und Strukturzusammenhänge einbezogen. Eine Gesellschaft die
Abwesende berücksichtigt wird für die Handelnden um vieles offener aber auch komplizierter:
Die Gesellschaft konnte sich immer weniger als statischer hierarchisch gegliederter
Ordnungszusammenhang begreifen. Sie begann mit Vorstellungen des dynamischen Wandels und der
Selbstregulierung zu experimentieren. Das führte sie am Ende des 18. Jahrhunderts an einen
Punkt an dem sie sich mit sich selbst nicht mehr identisch wusste und in einer Revolution nach
einer neuen Sozialform suchte.Die Gesellschaftsgeschichte einer Epoche zu schreiben bedeutet
nicht nur den Zusammenhang historischer Ereignisse zum Gegenstand zu machen sondern auch deren
Voraussetzungen. Deswegen verbindet dieses Buch die Beschreibung frühneuzeitlicher Gesellschaft
mit der Entwicklung einer kommunikations- und medientheoretischen Begrifflichkeit die zeigt
wie moderne Gesellschaft möglich wurde. Ein bloßer Verweis auf Medienumbrüche reicht nicht aus
um ihre Grundlagen zu erfassen. Die Nutzung der »Distanzmedien« Schrift und Druck ist
voraussetzungsreich. Ihr Erfolg hängt davon ab ob sie soziale Koordination in Netzwerken und
Organisationen erleichtern aber auch von einer fundamentalen Neugestaltung von Herrschaft
Macht und den Formen ihrer gesellschaftlichen Beobachtung.