Diese Studie leistet einen Beitrag zur Erklärung der beobachteten Kursreaktionen auf
Sonderausschüttungen deutscher Aktiengesellschaften in den Jahren 2002 bis 2007. In der
Literatur werden hauptsächlich vier Erklärungsmodelle für nicht antizipierte Kursreaktionen
diskutiert. Als ein möglicher Erklärungsansatz wird das Steuerrecht herangezogen. Die
erzielbaren Steuervorteile und die damit verbundenen beobachtbaren Überrenditen werden auf die
Unterschiede zwischen den Thesaurierungs- und den Ausschüttungssätzen zurückgeführt. Auch bei
dieser Studie wird der Schwerpunkt auf die steuerlichen Aspekte einer Sonderausschüttung
gelegt. Nach dem Systemwechsel vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren wurde in Deutschland
der Körperschaftsteuersatz für thesaurierte und ausgeschüttete Gewinne einheitlich auf 25
Prozent gesenkt. Den Gesellschaften die über noch bei Geltung des Anrechnungsverfahrens
gebildeten Rücklagen verfügten wurde ein Körperschafsteuerguthaben gewährt. Das
Körperschaftsteuerguthaben sollte dazu dienen das in den Rücklagen gespeicherte
Anrechnungsguthaben nicht ersatzlos verfallen zu lassen. Die Körperschaftsteuerbelastung von
Gewinnen stellte nach dem Systemwechsel eine Definitivbelastung dar. Eine Ausschüttung bereits
bei Geltung des Halbeinkünfteverfahrens sollte jedoch das Körperschaftsteuerguthaben
mobilisieren und dadurch die Gesamtbelastung einer Ausschüttung senken. Eine auf der
Unternehmensebene gezahlte Körperschaftsteuer konnte nach dem Systemwechsel nicht mehr auf die
Einkommensteuerschuld der Anteilseigner angerechnet werden. Damit hing die Gesamtbelastung
einer Ausschüttung nicht mehr ausschließlich vom persönlichen Einkommensteuersatz der
Anteilseigner ab. Eine Ausschüttung unterlag nach dem Systemwechsel sowohl der
Körperschaftsteuer als auch die Hälfte des Ausschüttungsbetrages zusätzlich der persönlichen
Einkommensteuer der Anteilseigner. Die Zahlung einer Sonderdividende führte damit bei den
Gesellschaften sowohl zu einem Abfluss von finanziellen Mitteln als auch zu einer Reduktion der
Ausschüttungsbelastung sofern ein Körperschafsteuerguthaben mobilisiert werden konnte. Eine
Reduktion der Gesamtbelastung und der tatsächliche Liquiditätsabfluss könnten positive
Kursreaktionen verursacht haben die in der Studie identifiziert und mittels statistischer
Verfahren überprüft werden.