Als im Jahre 2003 mit Karan Johars Kabhi Khushi Kabhi Gham erstmals ein Bollywood-Film in
deutschen Kinos gezeigt wurde brach ein regelrechter Bollywood-Boom aus. Und mittlerweile
haben sich die Produktionen des indischen Massenkinos sogar im deutschen Fernsehprogramm
etabliert. Angesichts farbenprächtig inszenierter Choreografien werden die wenigsten Zuschauer
an die politische Vergangenheit Indiens denken das immerhin fast 200 Jahre britischer
Kolonialherrschaft unterstand. Dabei kann das indische Kino als Kind des Kolonialismus
bezeichnet werden. Schon Dadasaheb Phalke der Vater des indischen Kinos erkannte die
Bedeutung des indischen Filmschaffens für das Ziel der politischen Selbstbestimmung. Und 1921
wurde erstmals ein indischer Film als antibritisch eingestuft und verboten. Vor dem
historischen Hintergrund stellt sich die Frage wie die (ehemalige) Kolonialmacht Britannien in
zeitgenössischen Bollywood-Filmen dargestellt wird. Die vorliegende Pilotstudie beschäftigt
sich mit Fragen wie: Erscheinen britische Charaktere im Bollywood-Film sympathisch oder
unsympathisch? Wie sieht der Umgang mit britischen Nationalsymbolen aus? Was erleben und wie
verhalten sich indische Protagonisten in der filmischen Interaktion mit britischen Charakteren?
Insgesamt wurden 40 Bollywood-Filme aus den Jahren 1995 bis 2007 einer qualitativen
Inhaltsanalyse unterzogen. Die Ergebnisse zeichnen ein facettenreiches mehrdimensionales Bild
postkolonialen Selbstverständnisses und stellen Anhaltspunkte zur Einstellung der indischen
Bevölkerung wie auch der weltweit verteilten Diaspora in Bezug auf die ehemaligen
Kolonialherren dar.