Dem Fußballsport in Deutschland haftet bis heute in der Öffentlichkeit das Image an ein
ehemaliger Proletariersport gewesen zu sein. Selbst die wissenschaftlich orientierten
Abhandlungen zur Kultur- und Sozialgeschichte des Fußballs betonen zumeist die tiefe
proletarische Verwurzelung jenes Sports in der Arbeiterkultur noch mindestens in den 1950er
Jahren woraus dann der Schluss gezogen wird dass die gegenwärtige breite gesellschaftliche
Akzeptanz und Relevanz des Fußballsports einzig durch die strukturelle Transformation des
Fußballs zum Showsport und Kristallisationspunkt der modernen Unterhaltungsindustrie wodurch
sich jener Sport dem Wertehorizont und den ästhetischen Maßstäben höherer sozialer Schichten
angenähert habe erklärbar werde. Aber inwiefern war der Fußballsport in Deutschland
tatsächlich ein sozial exklusives proletarisches Freizeitvergnügen? Kann es nicht auch sein
dass die Charakterisierung des Fußballs als Proletariersport vielmehr aus der damaligen
gesellschaftlichen Sozialstruktur resultiert die nun mal von Arbeitern dominiert und durch
proletarische Verhältnisse gekennzeichnet war so dass die schichtungshierarchische Veränderung
des Fußballpublikums wesentlich auf den sozialstrukturellen Wandel zurückzuführen ist insofern
der Fußballsport seit jeher auf einer breiten gesellschaftlichen Akzeptanz fußt? Aufgrund der
Möglichkeit die sich verändernden Rezipientenstrukturen der fußballinteressierten Leserschaft
des Kicker-Sportmagazins seit 1954 zu analysieren ist es erstmals möglich einen empirisch
fundierten Beitrag zur Frage nach der essentiellen Ursächlichkeit des als Entproletarisierung
bezeichneten schichtungshierarchischen Veränderungsprozesses des Fußballpublikums zu leisten.
Darüberhinaus versteht sich diese Untersuchung hinsichtlich der soziologischen Herangehensweise
den Fußballsport eingebettet in die gesellschaftlichen Veränderungen zu betrachten als Antwort
auf die bisher defizitäre und weitestgehend im gesellschaftsfernen Raum stattfindende
wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Fußballspiel und seinen Fans sowie hinsichtlich
der (Längsschnitt-)Analyse eines Medienpublikums als Beitrag zur bisher defizitären
Publikumsforschung im sportmedialen Umfeld und zur rudimentären empirischen historischen
Nutzungsforschung überhaupt.