In den Zwanziger und Dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts wurden am Department der
Soziologie an der Universität Chicago drei Veröffentlichungen unter Leitung von Clifford Shaw
erarbeitet: The Jackroller The Natural History of a Delinquent Career und Brothers in Crime.
Diese beinhalten ausführliche autobiographische Darstellungen von kriminellen Jugendlichen die
von Soziologen wie Ernest Burgess und Clifford Shaw analysiert wurden. Die drei
Veröffentlichungen hatten einerseits für die Entwicklung von zwei mit der generellen
soziologischen Theorierichtung des Symbolischen Interaktionismus eng verbundenen Theorien des
abweichenden Verhaltens nämlich der Theorie der differenziellen Assoziation von Edwin
Sutherland und Donald Cressey sowie der Theorie der Etikettierung bzw. der Theorie der
sekundären Devianz von Howard Becker und Edwin Lemert und andererseits für die Entwicklung der
qualitativen Sozialforschung und hier insbesondere der Biographieforschung eine zentrale
Bedeutung. Das Ziel der vorliegenden Untersuchung bestand in der Überprüfung der beiden
Abweichungstheorien der differenziellen Assoziation sowie der sekundären Devianz anhand der
drei Documentaries der Chicago-Soziologie zu kriminellen Karrieren von Heranwachsenden
hinsichtlich ihrer Stärken und Schwächen. Zudem wurden die autobiographischen Falldarstellungen
selber auf ihre Textvalidität und ihre empirische Operationalisierbarkeit und
empirisch-theoretische Validität hin analysiert und eingeschätzt.