Tagtäglich trifft der Mensch unzählige Entscheidungen ohne sich nähere Gedanken darüber zu
machen welche Faktoren diese Entscheidung beeinflussen oder besser noch wie es zu dieser
Entscheidung kommt. Der Aspekt dass wir diesem Thema täglich begegnen aber kaum etwas darüber
wissen macht das Phänomen Entscheidung so interessant. Das vorliegende Buch leistet einen
Beitrag zur psychologischen Entscheidungsforschung indem das Ausmaß der Verwendung der
Anciennitätsheuristik (AH) empirisch untersucht wird. Begründet wurde die Entscheidungsregel AH
von Vitouch die die Präferenz für das Ältere (z. B. das Gründungsjahr einer Institution)
beinhaltet und in Situationen der Unsicherheit Anwendung findet. Vitouch postuliert dass die
AH besonders häufig verwendet wird wenn mit Informationen über das Alter (Gründungsjahr) von
unbekannten Optionen der Eindruck des Sich-Bewährt-Habens verbunden ist (Standing the Test of
Time). In der vorliegenden Studie wird untersucht ob ältere Menschen (45-60 Jahre) eher dazu
tendieren Informationen über die Anciennität einer Institution im Entscheidungsprozess zu
verwenden als jüngere Menschen (20-35 Jahre). Die vorgeschlagene Prominenz von Altershinweisen
wird erörtert indem die entsprechende Verwendungshäufigkeit des Gründungsjahres
(Seniority-Cue) mit der von weiteren rivalisierenden und validen Cues verglichen wird. In
einem intuitiven Wissensspiel werden den TeilnehmerInnen (N = 160) 136 Entscheidungsaufgaben
aus vier Wissensdomänen vorgelegt. Die Verwendung bestimmter Cues wird mit Hilfe des Mouselab
(ML) einer prozessorientierten Methode erfasst. Die Aufgabe besteht darin zu schätzen welche
von zwei Domänen den höheren Wert auf einem Kriterium hat. Die Namen der Domänen sind in
kyrillischer Schrift dargeboten um Effekte der Wiedererkennung (Rekognitionsheuristik)
auszuschließen. Nach dem intuitiven Wissensspiel folgt ein Online-Fragebogen (OFB) der
zusätzlich Rückschlüsse darüber geben soll welche Hinweise bei der Entscheidungsfindung als
besonders hilfreich und welche nicht als hilfreich empfunden wurden. Zusammenfassend zeigt
diese Studie wie facettenreich und komplex die psychologische Entscheidungsforschung ist und
demonstriert worin die Schwierigkeiten und letztlich die Herausforderungen der heutigen
PsychologInnen liegen den menschlichen Entscheidungsprozess mit effizienten Strategien und
Modellen zu untersuchen und zu interpretieren um schließlich präzise Vorhersagen zu treffen.
Die AH ist eine noch sehr neue Heuristik und mit dieser Studie konnte ein weiterer Beitrag
geliefert werden die AH besser einzuordnen.