Jugendwerkhöfe (JWH) waren Einrichtungen der staatlichen Jugendhilfe der DDR. Als Spezialheime
im System der Jugendhilfe dienten sie vor allem der Umerziehung von schwererziehbaren und
straffälligen Jugendlichen in der DDR. Unter der Prämisse der Form- und Planbarkeit des
Menschen sollte im JWH nach dem Modell der Erziehungs- und Arbeitskolonie für Kinder des
sowjetischen Pädagogen Anton Semjonowitsch Makarenko der neue Mensch erschaffen werden. Ein
Hauptaugenmerk wurde dabei auf die Entwicklung der Jugend zu sozialistischen Persönlichkeiten
mittels politisch-ideologischer Kollektiv- und Arbeitserziehung gerichtet. Jugendwerkhöfe
waren zwar keine Strafvollzugsanstalten dennoch war der Alltag im JWH straff organisiert und
durch militärischem Drill tägliche Appelle sowie einem ausgeklügelten System aus Lob und
Strafe gekennzeichnet. Die Erziehung im Kollektiv stand im Vordergrund und ließ deshalb nur
wenig Raum für die individuelle Entwicklung der Jugendlichen. Die Einweisung in einen JWH
erfolgte zumeist auf Anordnung der Jugendhilfe nach einer Beschwerde über den Jugendlichen
durch die Eltern oder Lehrer. Neben triftigen Gründen wie Körperverletzung Eigentumsdelikte
und Sachbeschädigung reichten in einigen Fällen auch nichtige Gründe wie Unangepaßtheit
Renitenz oder Rebellion gegenüber den gesellschaftlich und staatlich verordneten Normen der DDR
aus um einen Jugendlichen in einen JWH einzuweisen. Im Rückblick handelte es sich um eine z.
T. rechtswidrige Einweisungspraxis die ohne Verfahren vonstatten ging. Insgesamt zielte die
Jugendhilfe zu deren System die Jugendwerkhöfe gehörten auf die rechtzeitige korrigierende
Einflussnahme bei Anzeichen der sozialen Fehlentwicklung von Kindern und Jugendlichen sowie die
vorbeugende Bekämpfung der Jugendkriminalität die Umerziehung von schwererziehbaren und
straffälligen Minderjährigen sowie die Fürsorge für elternlose Kinder- und Jugendliche ab. Die
Jugendhilfe war dem Ministerium für Volksbildung (MfV) unterstellt welches ab 1963 von Margot
Honecker der Ministerin für Volksbildung bis 1990 geführt wurde. In der DDR gab es im
Zeitraum von 1945 bis 1990 zwischen 27 und 34 Jugendwerkhöfe in denen Tausende von
Jugendlichen eingewiesen wurden. Eine Besonderheit im System der Spezialheime der Jugendhilfe
der DDR war der einzig geschlossene JWH Torgau. Als strafvollzugsähnliche
Disziplinierungseinrichtung war Torgau ein Symbol für einen inhumanen Umgang mit sozial
auffälligen Jugendlichen und wurde zum Synonym für Angst Drill und Strafe. Der JWH Torgau war
eine Art sozialistisches Boot Camp der DDR für unangepaßte verhaltensauffällige und
straffällig gewordene DDR-Teenager. Die folgende Studie widmet sich diesem heiklen und lange
unbeachteten Tabuthema Jugendwerkhof. Dabei konzentriert sie sich nicht nur allein auf die
Darstellung der Jugendwerkhöfe sondern beschreibt auch die Ursachen die zur Einweisung in
einen JWH der DDR führen konnten. Als Fallbeispiel erfolgt eine genaue Analyse des GJWH Torgau.