Mehr als zehn Jahren nach den letzten gewalttätigen Unruhen in den Pariser Banlieues dachten
viele in Frankreich dass die zahlreichen eingeleiteten Projekte und Programme endlich etwas
Positives bewirkt hätten und die Unruhen Geschichte wären. Zwar wurden regelmäßig Müllcontainer
und Autos in Brand gesteckt sowie vereinzelte Zusammenstöße zwischen Jugendlichen und der
Polizei in den Vorstadtsiedlungen registriert aber dies gehörte mittlerweile zum 'Dekor' der
Vorstadtsiedlungen und war ein 'normales Ritual' welches selten eine Nachricht für eine
Zeitung oder einen Fernsehkanal wert war. Nur die Soziologen sahen in diesen Aktionen und
überhaupt in der Situation in den Banlieues in denen immer mehr vielfältige soziale
Problemlagen kumulativ zusammenfielen das Alarmsignal für eine bevorstehende dramatische
Entwicklung. Schon früh warnten sie vor einer Explosion leider vergeblich. Alain Touraine zum
Beispiel verkündete bereits am 19. Dezember 1990 in einem Kolloquium das von der
Interministeriellen Delegation der Stadt und der Zeitschrift 'Esprit' organisiert wurde: 'Nous
disposons de forte peu d'années avant que nous ne connaissions des explosions urbaines de
grande envergure à l'américaine. Stéphane Beaud und Michel Piakoux beendeten ihr Buch über
einen städtischen Aufruhr in dem Vorort Montbéliard mit der Aufzählung zahlreicher Probleme in
den Banlieues und kommentierten dies mit den Worten:' autant de bombes à retardement!'.
Tatsächlich hat es nicht lange gedauert bis eine von diesen Bomben im November 2005 explodiert
ist und Frankreich mehrere Wochen lang in einen Schreckens- und Schockzustand versetzt hat. Es
waren genau wie Alain Touraine vorhersagt hat Unruhen von 'amerikanischem Kaliber'!