Das Lesenlernen im Nationalsozialismus wird aufgrund einer vordergründig stilisierten
Fibel-Idylle des »unschuldigen Kindes« gemeinhin in der Bedeutung für die »völkische Erziehung«
unterschätzt. Die Rekonstruktion des komplexen kontextuellen Bedingungszusammenhangs der
Fibel-Gestaltung und -Produktion im »Dritten Reich« zeigt dass dem Lesenlernen eine
wesentliche Funktion bei der ideologischen Formierung des »deutschen Kindes« zukam. Diese
folgte konzeptionell dem Prinzip der kindgemäßen Vermittlung einer fraglosen Anerkennung der
»Volksgemeinschaft« als positiv erlebbare Zugehörigkeitsordnung verbunden mit der Vorbereitung
und Anbahnung gewaltförmigen Handelns.