Zu den im Westen beliebten Stereotypen gehört die These von der Autoritätsgläubigkeit und
Schicksalsergebenheit der Russen. Dieses Klischee hat eine lange Tradition. An seiner
Verbreitung beteiligten sich Vertreter verschiedener manchmal entgegengesetzter politischer
Richtungen. Die Tatsache daß Rußland seit Beginn der Neuzeit zahlreiche Bauernaufstände und
Revolten unterschiedlichster Art und im 20. Jahrhundert vier Revolutionen so viele wie kein
anderes größeres Land Europas! erlebte erschütterte das klischeehafte Rußlandbild kaum. Warum
wurden und werden die verschiedenartigen Manifestationen des russischen Freiheitsdranges von
Außenstehenden so geringgeschätzt? Warum wird Rußland in der westlichen Öffentlichkeit in der
Regel nur als imperialer Obrigkeitsstaat wahrgenommen? Dies hat offenbar nicht zuletzt damit zu
tun daß den russischen Verfechtern der Freiheit das Image der ewigen Verlierer anhaftet. Sogar
in jenen Perioden in denen sie im Lande regierten blieben sie nicht allzulange an der Macht.
Bald wurden sie von ihren Kontrahenten den Verfechtern der imperialen Machtvertikale abgelöst.
Die Analyse dieser politischen Abläufe wie auch des Spannungsverhältnisses zwischen den
russischen Verfechtern der Freiheit und ihren imperialen Kontrahenten stellt den Gegenstand
dieses Buches dar.