Russische Publizisten und Wissenschaftler befassen sich seit jeher mit der Frage nach der
kulturellen und politischen Selbstdefinition und dem Entwicklungspfad ihres Landes. Diese
Diskurse wurden bereits vor der Sowjetzeit ausgetragen schwelten in der UdSSR unter der
Oberfläche weiter und traten mit Glasnost wieder offen zutage. Denn zum einen waren die
Gorbatschow- und Jelzin-Ära die in der Presse oftmals als eine neue Zeit der Wirren
beschrieben wurden von weitgehenden bürgerlichen Freiheiten gekennzeichnet. Zum anderen zog
das Chaos in dieser Periode einen tiefen Identitätsverlust nach sich der den Boden für
Kontroversen um eine politische Neuorientierung bereitete. Eva Zabka ordnet und interpretiert
in ihrer Studie die Debatten die in der Liberalisierungs- und Demokratisierungsphase zwischen
1985 und 2000 in den sowjetischen und russischen Printmedien geführt wurden. Die
Eigentümlichkeit der russischen Standpunkte zum Systemwandel fand in der internationalen
politologischen Forschung bisher wenig Beachtung. Daher wurden in der vorliegenden
Diskursanalyse zahlreiche Textbeispiele aus Zeitungen Zeitschriften und aus wissenschaftlichen
Publikationen näher untersucht. Dabei lag ein Schwerpunkt auf den Kontinuitäten und
Veränderungen in den medialen Auseinandersetzungen. So wurden Stereotype und tradierte
Denkschemata aufgedeckt die in den Diskursen dominierten. Ein besonderes Augenmerk galt ferner
den Regimebezeichnungen der russischen Publizisten die in kreativer Weise das Schwanken des
Landes zwischen Demokratie und Autoritarismus auf den Punkt brachten.