Friedrich der Große gilt vielen Deutschen als Schlüssel zum Verständnis des europäischen 18.
Jahrhunderts. Sein Denken Handeln und Fühlen soll repräsentativ für den Zeitgeist des 18.
Jahrhunderts gewesen sein. Tatsächlich führt diese Sichtweise jedoch in die Irre. Nicht die
Verherrlichung von Krieg und Merkantilismus nicht egozentrische Ruhmsucht waren repräsentativ
für jene Epoche. Der Zeitgeist des 18. Jahrhunderts atmete Respekt vor dem Leben und der
körperlichen Unversehrtheit des Mitmenschen Vernunft Sehnsucht nach Frieden Streben nach
bürgerlichem Wohlstand und Bildung nach gesellschaftlichem Fortschritt nach dem Glück und der
Selbstverwirklichung aller Menschen. Die irrationalen egozentrischen Exzesse einzelner
'Helden' waren wenn auch noch nicht generell verpönt so doch im Rückblick erkennbar
anachronistisch. Wilhelm Bringmann skizziert am Beispiel des Polnischen Thronfolgekriegs
(1733-1735 38) und seiner Protagonisten den Zeitgeist des 18. Jahrhunderts. Dieser Konflikt
wurde in der deutschen Geschichtsschreibung bislang wenig beachtet weil der für das 18.
Jahrhundert atypische König Friedrich II. von Preußen seine Kriege und die ihm von der
deutschen Geschichtswissenschaft in der Regel entgegengebrachte oftmals irrationale häufig
auch enthusiastische Heldenverehrung den Blick auf diese Epoche geprägt und verstellt haben in
der bereits Parallelen zum europäischen Zeitgeist sichtbar wurden wie er sich nach 1945 und
nach 1989 manifestierte. Friedrich der Große war wie Bringmann zeigt im Handeln und
Unterlassen nicht der Repräsentant sondern die Negation des Zeitgeistes des 18. Jahrhunderts.
Zudem bietet das Buch eine Neudefinition des häufig verwendeten aber letztlich unscharf
gebliebenen und auch propagandistisch missbrauchten Begriffs Kabinettspolitik aus der Sicht des
europäischen 18. Jahrhunderts.