Das lange 19. Jahrhundert wie Eric Hobsbawn die Zeit von 1789 bis 1914 bezeichnete war vor
allem in Südosteuropa äußerst konfliktreich. Insbesondere dem Zusammenbruch des Osmanischen
Reiches folgte ein Wettstreit um die Aufteilung seiner ehemaligen Gebiete. Die Grenzziehungen
in Folge der Friedensverträge wirkten sich gravierend auf die ethnische und kulturelle
Zusammensetzung der einzelnen Staaten aus. Homogenisierung wurde zur gängigen Praxis der
Politik - während Heterogenität gerade für den südosteuropäischen Raum charakteristisch ist.
Tekins Studie setzt sich mit der Neuordnung dieses Raumes vom Berliner Kongress über Sèvres
nach Lausanne und den damit einhergehenden Konsequenzen für die betroffenen Menschen
auseinander. Im Fokus stehen dabei die Bewertung der Verträge von Sèvres und Lausanne im
türkischsprachigen Diskurs sowie die armenische Tragödie von 1915 und der Bevölkerungsaustausch
des Lausanner Vertrages von 1923. Seine interdisziplinäre Herangehensweise ermöglicht es Tekin
die Thematik aus unterschiedlichen Perspektiven zu betrachten: Welche Folgen hatte die
Aufteilung und Neuordnung der ehemals osmanischen Gebiete für Landkarte Politik und Ethnien
der Region? Hätte ein vertraglich geregelter Bevölkerungsaustausch die ethnischen Konflikte
die noch bis in die heutige Zeit wirken verhindern können? Eine Vielzahl an türkischsprachigen
Primär- und Sekundärquellen wird dem deutsch sprachi gen Leser mit dieser Veröffentlichung
erstmalig zugänglich gemacht.