Der Einsatz von Psychopharmaka in Senioreneinrichtungen in Deutschland steht seit Jahren in der
Kritik - oftmals würden sie nur zur Ruhigstellung nicht aber aus medizinischen Gründen
verordnet. Renate Wittig hat für ihre hier vorgelegte Studie anhand von Daten der
AOK-Versicherten die Verordnung von Psychopharmaka in den Jahren 2010 bis einschließlich 2014
mit Blick auf alters- und geschlechtsspezifische Besonderheiten analysiert. Ein besonderes
Interesse galt dabei der Frage in welcher Pflegestufe sich diese Patienten während des
Einnahmezeitraums befanden und ob es sich um Bewohner einer Pflegeeinrichtung handelte.
Entgegen den Erwartungen erfolgten die meisten Psychopharmaka-Verordnungen für Patienten der
Pflegestufe 0. Gerade für diese wäre ein Ausweichen auf andere Therapiemöglichkeiten und
-optionen und Interventionen durchaus möglich hilfreich und sinnvoll. In der Altersklasse von
70 bis 75 Jahre sind für die männlichen und in der Altersklasse von 75 bis 80 Jahre für die
weiblichen Versicherten die höchsten Verordnungszahlen gefunden worden. Gesondert betrachtet
wurden die Psycholeptika-Verordnungen der AOK-Versicherten im Zeitraum von 2010 bis 2015. Im
Fokus standen dabei insbesondere Benzodiazepin- und Antidepressiva-Verordnungen. Obwohl durch
Studien belegt ist dass deren Einnahme über einen Zeitraum von mehr als 3 Monaten das Risiko
an einer Alzheimer-Demenz zu erkranken um rund fünfzig Prozent steigert werden Benzodiazepine
besonders in der Altersklasse der 70- bis 80-Jährigen noch immer in hohem Ausmaße verordnet.
Über die Analyse hinaus gibt Wittig einen Abriss über den Einfluss von Psychopharmaka auf
kognitive Fähigkeiten und belegt unter Bezugnahme auf bereits vorhandene Studien dass
verschiedene alternative Wege möglich sind den Alltag von an Demenz oder Depression erkrankten
Senioren durch nichtmedikamentöse Interventionen wesentlich zu erleichtern. Dabei geht es vor
allem darum die Lebensqualität zu steigern und die Alltagskompetenz zu erhöhen. Wittig stellt
geeignete Trainingsprogramme für Senioren zur Steigerung der physischen und kognitiven
Leistungsfähigkeit vor und bewertet sie. Das Buch richtet sich insbesondere an die Leitungen
von Senioreneinrichtungen an Pflegedienstleitungen und heimversorgende Apotheken aber auch an
Ärzte die Pflegeheime betreuen sowie an Betroffene und Interessierte im Bereich der Pflege.
Sowohl die Bewohner dieser Einrichtungen als auch das Pflegepersonal würden unmittelbar von
einer Berücksichtigung und Umsetzung der hier präsentierten Ergebnisse profitieren.