Mit der Einführung des Tonfilms Ende der Zwanzigerjahre veränderte sich die Filmindustrie
tiefgreifend. So befand sich unter anderem die Internationalität die man dem Stummfilm
zuschrieb durch die Hinzufügung des gesprochenen Wortes an einem kritischen Punkt. Neue
Praktiken wurden entworfen und erprobt um mit dieser veränderten medialen Situation umzugehen
und die internationale Distribution von Filmen weiterhin zu gewährleisten. Jessica Berry
untersucht eine Praxis der internationalen Verbreitung von Spielfilmen die für einige Jahre
von großer Bedeutung war: die Produktion von Sprachversionen. Hierbei wurde ein Film nicht nur
in einer Sprache sondern von Grund auf - Szene für Szene - in mehreren Sprachen gedreht. In
detaillierten Fallstudien analysiert Berry vier solcher Filmpaare deren
Versions-Verfahrensweisen jeweils sehr unterschiedlich sind - Josef von Sternbergs Der Blaue
Engel (1930) Wilhelm Thieles Die Drei von der Tankstelle (1930) Georg Wilhelm Pabsts
Dreigroschenoper (1931) und Paul Fejos' Sonnenstrahl (1933). Die Auswahl der Filmpaare zeigt
die Vielfalt dieser Produktionspraxis und die Erschließung der Reaktionen in Zeitschriften und
Zeitungen der jeweiligen Länder stellt nationale Spezifika der Rezeption der Versionen im
jeweiligen kulturellen Umfeld dar. Diese fundierte Analyse wirft ein neues Licht auf eine
damals verbreitete Praxis und leistet einen wertvollen Beitrag zur Filmhistoriografie. Die
Auseinandersetzung mit den Grundtendenzen des filmtheoretischen Diskurses der 1920er- und
frühen 30er-Jahre bildet dabei den Rahmen für die Untersuchung.