»Vor einer Stunde ... erhielt ich die Menschen des 18. Jahrhunderts ... es entzückte mich ...
Ich glaube ich habe geweint und es müsste sonderbar zugehen wenn dieses kleine gute Buch
nicht manchem Anderen die Empfindung dergestalt erregte.« Friedrich Nietzsche Ist
Charles-Augustin Sainte-Beuve dieser berühmte verehrte wie angefeindete französische
Literaturkritiker des 19. Jahrhunderts heute in Deutschland passé? Als er 1869 in Paris starb
fast so alt wie das Jahrhundert da fragte Gustave Flaubert mit wem er sich jetzt noch über
Literatur unterhalten könne. Marcel Prousts Buch Contre Sainte-Beuve hat den Nachruhm
kompromittierend befördert - in Deutschland ist heute so gut wie kein Buch dieses enorm
einflussreichen Intellektuellen erhältlich. Ausgerechnet Friedrich Nietzsche eigentlich auch
ein Gegner von Sainte-Beuve ermutigte Ida Overbeck einige Texte aus den Causeries du lundi
den regelmäßigen Montagskritiken zu übertragen: 1880 erschien erstmals dieses
kulturgeschichtliche Dokument Menschen des XVIII. Jahrhunderts. Sainte-Beuve ermöglicht mit
seinen Studien markanter Persönlichkeiten tiefe Einblicke in die Welt der französischen
Aufklärung - er erkundet die Lebens- Denk- und Schreibformen von Fontenelle Montesquieu Mme
de Grafigny und Voltaire Mme du Châtelet Mme Latour-Franqueville und Rousseau Diderot
Vauvenarges Mlle de Lespinasse und Beaumarchais. Es entsteht ein Epochenporträt in seinen
individuellen Ausprägungen: für uns eine bisher verborgen gebliebene neue Aussicht auf das 18.
Jahrhundert elegant eindringlich und unterhaltsam erzählt. Die vollständige Neuausgabe ist
kommentiert aber ohne gelehrten Ballast zu einer ausführlichen Einleitung gesellen sich
Auszüge aus unpublizierten Nachlass-Aufzeichnungen von Ida und Franz Overbeck die die
Geschichte der damals wie heute kühnen Sainte-Beuve-Unternehmung erhellen. Der Editor Andreas
Urs Sommer geboren 1972 lehrt als Professor für Philosophie an der Albert-Ludwig-Universität
in Freiburg. Von ihm erschienen in der Anderen Bibliothek Die Kunst selber zu denken (Band 214)
und Lexikon der imaginären philosophischen Werke (Band 326).