Ein deutscher Geograph schrieb den »ersten wissenschaftlich fundierten Originalbericht« über
das Reich der Mitte und ebnete der von ihm so benannten »Seidenstraße« den Weg - es ist der
Beginn der Globalisierung. Über Ferdinand von Richthofen sein Leben als großer Reisender und
Abenteurer in der Tradition eines Alexander von Humboldt wissen wir wenig. Marcus Hernig seit
Jahrzehnten mit China vertraut erzählt von der Existenz dieses Mannes zwischen
Forscherleidenschaft und Welteroberungsdrang. Das jüngste Mitglied der preußischen
Eulenburg-Expedition gelangte mit 27 Jahren erstmals nach Ostasien und Shanghai - doch herein
nach China kam er nicht. Dennoch war sich Ferdinand von Richthofen sicher: Hinter den
verschlossenen Türen lag die Herausforderung seines Lebens. Niemand hatte bisher das sagenhafte
Reich der Mitte systematisch bereist und seine Bodenschätze erkundet. Dafür aber benötigte
Ferdinand von Richthofen Geld. Die Erinnerung an die alten Handelswege durch China und
Zentralasien auf denen seit Marco Polos Zeiten Seide transportiert worden war inspirierte
ihn. Die alten Routen mussten wiederbelebt und zu Handelswegen für die Industrienationen des
Westens werden. Ferdinand von Richthofen entdeckte das magische Wort von der »Seidenstraße«
wieder und ließ es 1877 in sein wissenschaftliches Werk einfließen. Die gewaltigen Bodenschätze
und vor allem Kohlevorkommen Chinas versprachen Reichtum. Es gelang Richthofen Banken und die
Europäisch-Amerikanische Handelskammer Shanghai von den wirtschaftlichen Möglichkeiten einer
Erschließung Chinas zu überzeugen. Zwischen 1868 und 1872 wagte er sich immer tiefer in das
damals im Westen noch weitgehend unbekannte Innere Chinas vor bereiste 13 Provinzen und gab
ihnen ein Abbild in Form von Karten. Er entdeckte ihre Reichtümer die erst Europa und - viel
später - China selbst mächtig machen sollten. Ferdinand von Richthofen hatte zwei Gesichter:
das des passionierten Entdeckers und späteren Begründers der modernen Geographie an der
Berliner Humboldt-Universität und das des imperial denkenden Deutschen der für das gerade
entstandene Kaiserreich neues Territorium erschließen wollte. Ferdinand Paul Wilhelm Freiherr
von Richthofen (1833-1905) machte als Geologe China zum Schwerpunkt seines Forschens er
erkundete einen großen Teil Chinas für die westliche Welt und erschloss es europäischen
Handelsinteressen. Nach Richthofens Rückkehr aus China - die letzte Expedition wurde ausgeraubt
und Richthofen beendete seine Erkundungen - war er Präsident der Berliner Gesellschaft für
Erdkunde und forderte mit einer auch an Reichskanzler Otto von Bismarckadressierten Denkschrift
die Ausweitung des deutschen Kolonialreiches nach China. 1875 wurde er Professor für Geographie
in Bonn und lehrte anschließend in Leipzig und Berlin. Richthofen starb 1905 in Berlin.