Die vor deutschen Gerichten der unmittelbaren Nachkriegszeit verhandelten Strafverfahren wegen
NS-Verbrechen standen lange im Schatten der alliierten Kriegsverbrecherprozesse und der seit
Ende der 1950er Jahre mit neuem Elan durchgeführten deutschen Verfahren wie dem Frankfurter
Auschwitzprozess. Mit dem Obersten Gerichtshof für die Britische Zone (1947-50) lenkt die
vorliegende geschichtswissenschaftliche Studie das Augenmerk auf einen wichtigen Protagonisten
jener frühen Strafverfolgungspraxis. Erstmals wird die Rechtsprechung dieses einzigen für eine
ganze Besatzungszone zuständigen deutschen Revisionsgerichts zu Verbrechen gegen die
Menschlichkeit auf breiter Quellenbasis analysiert und herausgearbeitet dass sie einen
wegweisenden aber schnell verdrängten Beitrag zur juristischen Aufarbeitung von NS-Unrecht
bedeutete. Dabei erscheint das Gericht als Akteur einer umkämpften Vergangenheitspolitik durch
Strafrecht und wird zum Gegenstand der juristischen Zeitgeschichte.