Lacan versteht Ethik nicht als Tugend eines intakten Ich-Subjekts welche die Psychoanalyse
möglichst zu stärken hätte sondern als Auseinandersetzung mit dem paradoxen Universum der
Schuld das Freud gleich am Beginn seiner Karriere - mit der Idee des ödipalen Vatermordes -
eröffnet hat. Schon in »Totem und Tabu« (1913) zeigte Freud wie Überichfunktion Schuldgefühl
und Funktion des Vaters zur Hervorbringung von Kultur beitragen und dadurch Individuen
überhaupt gesellschaftsfähig und austauschfähig werden. Darauf baut Ethik auf. Die so
verstandene »Sublimierung« ist nicht nur das Hilfsbegriff einer trivialen Kulturtheorie
sondern ein eminentes tragisches Geschehen der psychoanalytischen Theorie und Praxis. Von
diesem Thema aus ist ein breites komplexes Feld zu durchqueren in dem Lacan von Aristoteles
bis Kant und de Sade wandert und letztlich wieder bei der griechischen Tragödie - Sophokles'
Antigone - endet.