Kultureller Kannibalismus als metaphorische Verschlingung des Anderen und seine Transformation
in ein 'Eigenes' wird im Brasilien der 1920er Jahre als Möglichkeit des Widerstands gegen die
nach wie vor wirksame Vorherrschaft Europas in Kunst Kultur und Literatur zelebriert. Seither
kann die Trope der Einverleibung nicht nur in Lateinamerika als paradigmatisch für den Diskurs
über Identität Alterität und Differenz Sprache Literatur Tradition und Übersetzen angesehen
werden. Die vorliegende kaleidoskopische Reflexion des Kannibalismus - eine Kannibalogie -
sucht den Akt der rituellen Einverleibung in all seiner Wirkmacht seinen Möglichkeiten aber
auch seiner Problematik aus philosophischer anthropologischer kultur- und
literaturwissenschaftlicher übersetzungstheoretischer sowie psychoanalytischer Perspektive
nachzuzeichnen.