Istanbul im Sommer 2017: Ein Jahr nach dem gescheiterten Putschversuch versucht der
Schriftsteller Bastian Schneider als Stipendiat die angespannte Stimmung in der Stadt am
Bosporus einzufangen. Anlass seiner Reise ist das Schicksal der vielen Geflüchteten die auf
ihrem Weg vom mittleren Osten nach Europa hier stranden und als Spielball einer repressiven
Politik missbraucht werden.Dieser Fokus rückt jedoch schnell in den Hintergrund denn schon am
Tag seiner Ankunft wird Schneider zum Opfer einer Verwechslung die nur der Anfang einer Reihe
von Irritationen ist: Der Doppelgänger der an seiner statt im Hotel eingecheckt hat wird vor
seinen Augen als mutmaßlicher Terrorist verhaftet. Und als Schneider wenig später auf weitere -
literarische - Doppelgänger stößt fühlt er sich zunehmend in seiner Identität verunsichert da
gar nicht klar ist wo die vermeintlichen Fronten um ihn verlaufen - oder wie viele es sind.
Selbst die scheinbar zufällige Bekanntschaft mit dem Verleger Orhan hilft ihm nicht sich im
Gewirr der herrschenden politischen Verhältnisse zu orientieren - zu vieles bleibt
unaussprechbar erschöpft sich in kaum aufzulösenden Chiffren und ermöglicht gerade keinen
Einblick in die realen Verhältnisse: Wird Schneider selbst als vermeintlicher Spion observiert
oder wird er vielmehr gegen den Überwachungsapparat instrumentalisiert? Im Strudel der
Erzählungen und Mutmaßungen verheddern sich die Fäden der jeweiligen Erklärungen bis sich
Schneider buchstäblich selbst abhanden kommt.Der Roman basiert auf »wahren Begebenheiten« und
verhandelt die Frage nach der Deutungshoheit über das eigene Leben vor dem Hintergrund einer
Gegenwart in der bereits der Anschein eines »falschen Namens« zum Verhängnis werden kann.
Während der erste Teil des Romans die Ereignisse in Istanbul wahrheitsgemäß nacherfindet
begibt sich der zweite Teil des Textes auf die Suche nach dem verschwundenen Bastian Schneider.
Dessen Spuren führen immer öfter zu weiteren Rätseln ohne sich zu jener geschlossenen
Erzählung zu fügen die Schneider selbst seinem Aufenthalt abgewinnen wollte. Die vielbödige
Wirklichkeit entpuppt sich bald als surrealer als es die virtuelle Realität oder fake news je
sein könnten. Ironischerweise scheint die literarische Einbildungskraft ihrem Autor gerade
anhand sauber dokumentierter Fakten aufzeigen zu wollen wo sein wirklicher Ort ist: nämlich
dort wo das feine Gewebe des Textes löchrig wird.