Marcel Broodthaers (1924-1976) gilt als einer der bedeutendsten Konzeptkünstler der
europäischen Nachkriegsavantgarde: ein aus der Literatur kommender »Künstler-Künstler«
zentraler Mitbegründer der Institutionenkritik der den gesellschaftlichen Status des Museums
ebenso hinterfragte wie die Rolle der Kunst selbst. Das Werk des Belgiers der zunächst als
Dichter tätig war ist geprägt von Buchstaben von Wörtern von Schrift. Broodthaers entwendet
sie setzt sie in komplexe Verweisstrukturen ein schichtet sie um macht sie lesbar und
unlesbar zugleich. Nicht zuletzt durch seine ausgeprägte Referenzaffinität hat er sich einen
Namen gemacht der für die Kunst ebenso fruchtbar ist wie für theoretische
Auseinandersetzungen. Seine Arbeit ist durchdrungen von vielfältigen sprachlichen Formen: von
Annotationen und Notizen literarischen Bezugnahmen rückwärts gelesenen Begriffen Tippfehlern
Übersetzungen und Vorlagen die zum Weiterlesen anregen.Die gedruckten die gelesenen und die
gedrehten Wörter von Marcel Broodthaers aus den 1960er und 1970er Jahren sind Dreh- und
Angelpunkt des vorliegenden Buches: Es eröffnet eine neue randzonenaffine Lesart die die
Grenzbereiche von Kunstgeschichte Literatur Geschichtsschreibung und Kunst erkundet und das
etablierte Dichter-Künstler-Narrativ um eine feministische Perspektive erweitert.Als
etymologisch prägende Instanz des Klischeebegriffs wird der Typografie eine zentrale Rolle
zugewiesen: vom Zischen und Klicken aufprallender Bleimatrizen zum Cli-je. Vermittels
dekonstruktiv geprägter Begriffsarbeit und der Einbeziehung von Marginalien Querverweisen und
Drucksorten werden Selbstporträts und ihre Klischees in denen sich das »künstlerische Ich«
widerspiegelt kritisch in den Blick genommen. Aus dem Fundament der Arbeit im Archiv
entwickelt sich unter semantisch-onomatopoetischer Sensibilität eine Lesart die das
Kanonisierte feministisch entgrenzt das Klischee historischer Erzählungen destabilisiert und
dadurch zu einer Diversifizierung der Historie beiträgt.