Mit der Frage nach der Endlichkeit in Kafkas Texten adressiert Dominik Zechners Studie einen
verschwiegenen Hauptschauplatz von dessen Literatur. Endlichkeit wird hier nicht als Thema
unter anderen verstanden sondern als das inhärente Problem von Kafkas Schreiben insofern es
die Produktion und Wirkungsweise von Bedeutung und deren Lesbarkeit betrifft. Denn so sehr
Kafkas Texte um Unentrinnbarkeit Rätselhaftigkeit und eben Endlichkeit des Daseins kreisen so
sehr widersetzt sich deren Sprache einer finiten Lesart - sie bleibt stets lektürebedürftig und
öffnet gerade da wo es um Tod und Abschluss gehen sollte permanent neue
Interpretationsmöglichkeiten und Weisen des Weitersprechens. In 15 aufeinander aufbauenden
Abschnitten arbeitet der Gemanist und Philosoph Zechner heraus inwiefern Kafkas Sprache sich
in der Schwebe zwischen »dem Tod und der gekratzten Kurve vor diesem« einrichtet wodurch
beständig neue Schwellenräume und Zwischenzonen entstehen. Für die Lektüre der Texte bedeutet
dies aber dass die darin verhandelten Alternativen sich strukturell einer Entscheidung
zugunsten eines einzelnen Poles verweigern und gerade darin ihre oft attestierte Tiefe zu
suchen ist. Zechner veranschaulicht dies durch minutiöse Lektüren (etwa der Texte Das Urteil
Der Prozeß Das Schloß u.¿a.) die vorführen wie verkürzend und irreführend vereindeutigende
Interpretationen bleiben müssen - wodurch nicht selten prominente Lesarten revidiert werden.
Auf spielerische Weise gelingt es Zechner nicht nur das Funktionieren von Kafkas Texten
vorzuführen sondern auch die darin mitverhandelten philosophischen Problemfelder zu erhellen.
Mit Formulierlust und Witz wird dieser Essay zu einer erstaunlich unbeschwerten Betrachtung
über den Zusammenhang von Sprache und Endlichkeit Tod und Bedeutung: »Sprachlich gefasst ist
der Tod immer bereits Repräsentation seiner selbst - und also gar kein Tod sondern das
Überleben seiner Darstellung.«