Kaum jemand in Österreich kennt die aus Wien stammende Ruth Maier geschweige denn ihre
Tagebücher und Briefe. Diese sind ein außergewöhnlicher Fund aus den 1930er und 1940er Jahren.
Mit 13 Jahren begann die Wienerin ihrem Tagebuch anzuvertrauen was sie erlebte und bewegte -
wach und interessiert an der Welt hellsichtig emotional und mit Charme. Darin beschrieb sie
ihre Gefühle ihren Alltag dokumentierte aber auch politische Ereignisse und schilderte die
Verfolgung der Juden und Jüdinnen nach dem »Anschluss« 1938. Über die Ausschreitungen während
der Novemberpogrome schrieb sie: »Wir schlüpften wie gehetztes Wild ins Haus keuchten die
Stiegen hinauf. Dann begann es: Sie schlugen sie verhafteten zerdroschen
Wohnungseinrichtungen etc. Wir saßen alle so bleich zu Haus und von der Straße kamen Juden zu
uns wie Leichen.« Maier konnte vor den Nationalsozialisten in das vermeintlich sichere
Norwegen fliehen. Dort fand sie Unterschlupf bei der nach dem Krieg berühmt gewordenen
norwegischen Dichterin Gunvor Hofmo. Schwankend zwischen Zuversicht und Verzweiflung schildert
Maier in ihren Tagebüchern das Leben in der Emigration. Ihre Aufzeichnungen enden im November
1942 als sie von Oslo nach Auschwitz deportiert wurde wo sie sofort zusammen mit anderen
Frauen und Kindern ermordet wurde. Aus acht Tagebüchern und rund 50 Briefen hat der norwegische
Schriftsteller Jan Erik Vold einen Band zusammengestellt der 2007 in Norwegen erschien und
bislang in 11 Sprachen übersetzt wurde. Das Buch wurde mit dem Tagebuch der Anne Frank
verglichen. Am 10. November 2020 jährt sich Maiers Geburtstag zum 100sten Male und an diesem
Tag wird in Wien ein Park nach ihr benannt.