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ASIN: 3856307575
Leseprobe: Für die Mehrzahl der Kinder beginnt das Spiel im Malort irgendwann im Leben - als 3
5 oder 10jährige vielleicht auch erst wenn sie viel älter sind mit 20 40 oder gar 50
Jahren. Für Eléonore meine Tochter war es anders. Sie ist gewissermaßen dort hinein geboren
und könnte sich die Welt ohne den Malort gar nicht vorstellen. Als ganz kleines Mädchen ließ
sie dort ihre ersten bunten Spuren entstehen. Und das früh begonnene Abenteuer hat nie ein Ende
genommen. Kindheit und Spur sind wesentliche Bestandteile des Lebens. Die natürliche Spur
gehört der Formulation an. Sie ist eine Äußerung für die es keinen Abnehmer geben kann. Wäre
es nicht so dann entstünden Werke die eine Botschaft vermitteln. Die Formulation ist nicht
auf Wirkung eingestellt und kennt deshalb auch nicht deren Folgen: die Abhängigkeit vom
Empfänger und die damit verbundene Erwartung auf Erfolg. Als ich dieses Buch in Angriff nahm
- das ursprünglich mit Fotografien aus dem Malort illustriert sein sollte - schlug mir meine
Tochter vor die Begebenheiten im Malort zu zeichnen weil sie überzeugt war daß sie nur auf
diese Weise genau dargestellt werden können. Das Kind dem die Formulation zur Gewohnheit
geworden ist und dessen Äußerung nie einer Begutachtung unterstellt worden ist entwickelt sein
natürliches uneingeschränktes Können und kann auch wenn es aus eigener Absicht geschieht
gelegentlich Werke herstellen - Bilder die andere ansprechen sollen. Formulation und
Mitteilung entstehen aus unterschiedlichen Voraussetzungen unter anderen Umständen und werden
vom Kind bewußt voneinander unterschieden. So entstanden die Bilder in diesem Buche und dank
der Mitarbeit von Eléonore ist aus dem vorgesehenen Bändchen ein beträchtliches Werk geworden.
Kapitel 1 DIE FARBIGE SPUR Das Hervorbringen einer Spur auf dem Blatt Papier ist für das Kind
ein sinnvolles Spiel. Da aber der Begriff des Malens immer und überall mit dem Gedanken an
Kunst verbunden war ist die Äußerung des Kindes mißverstanden worden als sei sie ein
unerfüllter Ansatz zur künstlerischen Schöpfung und habe den Zweck etwas mitzuteilen. So blieb
das eigentliche Wesen dieser Äußerung unberücksichtigt. Das mag daher kommen daß die ersten
die in der Mitte des letzten Jahrhunderts Kinderzeichnungen Beachtung schenkten und darüber
schrieben entweder Künstler oder Psychologen waren die von falschen Voraussetzungen
ausgingen. Diesen frühesten Veröffentlichungen folgten dann unzählige die immer wieder die
gleichen Fehlbeurteilungen verarbeiteten. Allerorts stellen Kinder Zeichnungen her die
belächelt gefeiert oder verachtet werden. Kindern wird beigebracht daß ihre Spur - so wie ein
Kunstwerk - von anderen empfangen werden kann. Aus dem spontanen Spiel ist ein Vorspielen
gemacht worden. Eine Äußerung die mehr als jede andere unbeeinflußt geschehen sollte wurde
zum Gegenstand einer neuen Abhängigkeit. Das für das Kind bedeutsame Spiel stimmt nicht mit
den Vorstellungen und Erwartungen der Erzieher überein. Muß sich das Kind diesen Erwartungen
anpassen? Oder sollten sich nicht vielmehr die Erwachsenen auf das natürlich Entstehende
einlassen - auf die natürliche Spur? Vor sehr langer Zeit entstand die Spur nur in
verstohlenen Augenblicken etwa in Form von Einkerbungen in unauffällige Randsteine. Später
wurde die Zeichenlust von Belehrenden beschlagnahmt und als Zeichenübung mißbraucht. Jüngst ist
sie zum Mittel einer Bildung verwandelt worden mit dem Ziel das Kind zu einer vorzeitigen
Fühlungnahme mit der Malerei zu zwingen. Es soll wohl damit der Kunst geholfen werden um die
es nicht gut steht. Es ist aber noch nie so viel gemalt worden wie in unserer Zeit. Ehrlich
gesagt es entstehen Unmengen konventioneller Schmierereien die die Kunst schwer in Verruf
bringen. Zum Schmieren werden auch Kinder angespornt. Spontaneität und Nachlässigkeit Freiheit
und Austoben Innerlichkeit und Zufälligkeit werden vielerorts verwechselt. Dabei blieb
unbekannt daß eine Spur entstehen kann die zwar nicht der Vernunft und nicht der Absicht
entstammt und doch nicht zufällig geschieht sondern sich der malenden Hand unfehlbar
aufdrängt. Das Hervorbringen einer solchen Spur kann nur unter bestimmten Voraussetzungen
geschehen. Es mußte dazu ein Raum geschaffen werden: der Malort Raum der Geborgenheit der
Absonderung vom Alltäglichen von Gewohnheiten die überwunden werden müssen wie Zielsetzung
Beurteilung Vergleich damit die Person aufhört über sich selbst über ihre Spur über deren
mögliche Aufnahme nachzudenken sondern geschehen läßt was aus innerer Notwendigkeit
entsteht.Sehr früh im Leben in den Jahren des ersten Erprobens entsteht auch die Lust am
Hervorbringen einer Spur auf der leeren glatten Papierfläche. Und weil Bedürfnis und
Fähigkeit übereinstimmen entsteht die natürliche Formulation und wird dem Menschen eine treue
Begleiterin. Neue Gebilde entwachsen den früh entstandenen und nehmen aus innerer
Notwendigkeit Gestalt an - im Rahmen eines genetisch vorbestimmten endlosen Ablaufes. Dies zu
wissen verursacht eine ganz neue Einstellung der Spur gegenüber: Die Kinderzeichnung ist der
unbezweifelte Ausdruck unsagbarer Wirklichkeit und wird nicht belächelt wird nicht als
unfertiges und verbesserungsbedürftiges Kunstbestreben aufgefaßt. Dies zu wissen veranlaßt zu
einer anderen Behandlungsweise des Kindes. Der Erziehung zum frühzeitigen Erwachsensein werden
unersetzliche Fähigkeiten geopfert. In der Formulation ist das Kind dem Erwachsenen nicht
unterlegen dem Entwachsenen der gerade die kindliche Bereitwilligkeit in sich wieder beleben
kann und spielerisch äußert was dem Kind spielend leicht fällt. Dieses grundsätzlich
praktische und zur Tätigkeit anregende Buch zeigt wie Kindern das Malspiel ermöglicht werden
kann. Der Autor sieht seine Rolle im Dienen nicht im Belehren. Er beruft sich auf eine
fünfzigjährige von ihm entwickelte Tätigkeit. Seine erste Begegnung mit Kindern macht Arno
Stern 1946 in einem Heim für Kriegswaisen. Als Beschäftigung bietet er ihnen das Malspiel an
und entwirft eine originelle Einrichtung zur günstigsten Verwendung des Materials. Diese
Einrichtung besteht noch heute im Malort weiter. Im schützenden Raum werden die Blätter an den
Wänden befestigt was ein stehendes und befreiendes Malen veranlaßt. Der Palettentisch als
Kollektivinstrument regt zum sorgfältigen Umgang mit dem Werkzeug an. Im Malort ergänzen sich
Freiheit der Äußerung und Strenge der Handhabung Gemeinsamkeit und Eigenständigkeit. Unter
diesen Umständen entsteht die Spur aus einem nie zuvor angeregten Impuls - eine ganz besondere
Äußerung deren Eigenart Arno Stern erkannte und deren Abläufe er in diesem Buch bekanntgibt.
Nur wer die Besonderheit der Äußerung kennt begegnet ihr und dem Kind mit einer fördernden
Einstellung.
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