Am 11. August 1957 stand an der Leuchtwand am Bahnhofplatz in Zürich zu lesen: «Die Schweizer
Moskauwallfahrer kommen heute Abend um 22.25 in Zürich-Enge an. Wie wird sie die Zürcher
Bevölkerung empfangen?» Gemeint war eine Gruppe von Schweizerinnen und Schweizern die von den
Weltfestspielen der Jugend und Studenten aus Moskau zurückkehrten. Gegen sie wurde schon im
Vorfeld gehetzt auch in den Medien. Und so erwarteten sie am Bahnhof Enge Hunderte von
Demonstranten um den «Landesverrätern» eine Lektion zu erteilen. Die Situation eskalierte die
Rückkehrer wurden angegriffen verprügelt und mit Waffen bedroht. Rafael Lutz hat dieses
Ereignis - das in der Schweizer Geschichtsschreibung bisher höchstens eine Fussnote wert war -
systematisch aufgearbeitet. Es steht sinnbildlich für den damals in der Schweiz herrschenden
Antikommunismus der Ausbruch der Gewalt zeugt von der stetig wachsenden Angst vor der
totalitären Sowjetunion hinter dem Eisernen Vorhang und deren fünften Kolonnen im eigenen Land.
Der Vorfall illustriert aber auch wie der Kampf gegen dieses vermeintlich Böse immer mehr auf
Kosten der Freiheit der eigenen Bevölkerung geführt wurde.