'Wir haben Ihnen 15 Prozent per annum versprochen und das haben Sie geglaubt!' So schreien es
die Bankiers in Elfriede Jelineks Wirtschaftskomödie Die Kontrakte des Kaufmanns. Sie haben es
geglaubt! Die Finanzkrise hat einmal mehr gezeigt dass zu unserem Wirtschaftssystem ein
entsprechender Glaube gehört: der Glaube daran dass das Wachstum niemals aufhört und dass
Gewinn alles rechtfertigt.In diesem Essay blickt Christoph Fleischmann zurück auf die Anfänge
des Kapitalismus an der Schwelle zur Neuzeit. Dabei nimmt er den Faden von Walter Benjamin auf
der im Kapitalismus eine Religion sah die in Europa das Christentum abgelöst hat. Anschaulich
legt Fleischmann dar wie die kapitalgetriebene Wirtschaft die Wahrnehmung der Welt veränderte:
Die Zeit verlor ihre rhythmische Gliederung und wurde zur unendlich fortschreitenden Zeit des
Kapitalwachstums. Die Habgier einst als eine Todsünde verschrien machte Karriere als
Wirtschaftstugend Nummer eins. Und die Vorsehung Gottes wurde kurzerhand für die Wirtschaft
reklamiert: Wenn alle den eigenen Vorteil suchen dann lenkt die kosmische Harmonie alles zum
Wohle aller. Eine andere Geschichte des Kapitalismus luzide und unterhaltsam geschrieben die
die Selbstverständlichkeiten dieses Wirtschafts- und Gesellschaftssystems hinterfragt.