Taiwan - eine kleine Insel am Rande des Pazifiks mit einer Geschichte die ebenso kompliziert
ist wie ihre heutige außenpolitische Lage. Trotz aller Widrigkeiten hat sich das Land in den
vergangenen Jahrzehnten zu einer stabilen lebendigen Demokratie entwickelt. Eine wichtige
Voraussetzung dafür war die Aufhebung des 38 Jahre währenden Kriegsrechts im Juli 1987 die
auch kulturell eine Zeitenwende darstellte. Der vorliegende Band bietet nicht nur einen
Einblick in die Literatur der Kriegsrechts- und Umbruchphase sondern präsentiert auch
Erzählungen und Essays aus jüngster Zeit. Die Anthologie bringt dem Leser verschiedene Facetten
Taiwans nahe: Veteranen des Koreakrieges die sich vor dem Heimatbesuch ihre
antikommunistischen Tätowierungen entfernen lassen ein Herr mit zwei Familien von denen er
eine aus politischen Gründen jahrzehntelang nicht zu Gesicht bekommt ein Mann der - in einer
düsteren Parabel auf den Weißen Terror - von Verbrechern in ein Bärenfell gezwängt und zum
Zirkustier herabgewürdigt wird eine junge Frau die die Erinnerungen ihres langsam dement
werdenden Vaters zu verstehen und zu ordnen versucht zwei Clans im Taiwan des 19. Jahrhunderts
deren Rivalität erneut in Gewalt umzuschlagen droht eine Trauerfeier die immer wieder beinahe
ins Komische abgleitet ein eigentlich politisch uninteressierter Akademiker der sich aus
blinder Liebe plötzlich für die Demokratiebewegung engagiert ein ehemaliger Soldat den der
Frust über sein Exilanten-Dasein in die Kriminalität treibt und ein Informant aus Überzeugung
der irgendwann nicht mehr nur seine Mitmenschen an die Regierung verrät ...