Während Albert Cohen in Frankreich als Schriftsteller ersten Ranges gilt ist er hierzulande
beinahe unbekannt. Oh ihr Menschenbrüder (fr. Ô vous frères humains) begriff er als sein
Testament. In dem Alterswerk wendet sich Cohen der sich dem Tode nahe sieht seinem sehr viel
jüngeren Ich zu und teilt darin seine Erfahrung mit die ihn zeitlebens nicht mehr loslassen
sollte. Als er an seinem zehnten Geburtstag von einem französischen Straßenhändler als Jude
beschimpft wird bricht für ihn eine Welt zusammen. Was folgt ist eine Erschütterung wie sie
womöglich nur die Literatur darzustellen vermag. Der Antisemitismus der ihm in der
alltäglichsten Szene entgegenschlägt ist nicht mehr der alte christliche Antisemitismus
sondern der radikale Antisemitismus der Dreyfus-Affäre. Dieser Antisemitismus hat - wie Cohen
selbst festhält - seinen Fluchtpunkt in den deutschen Vernichtungslagern.