Vor über 25 Jahren endete in Ostmitteleuropa die kommunistische Herrschaft. Die Jahre 1989 90
brachten für die Staaten des ehemaligen Ostblocks die Befreiung von der Diktatur und eine
bewegte Zeit des Umbruchs. Mehrere Nationen darunter Polen Rumänen Ungarn Deutsche und
Tschechen nahmen an der Aufhebung der politischen und militärischen Teilung Europas teil
mussten sich jedoch einer gewichtigen Herausforderung stellen: der Überwindung des Kommunismus.
Der Übergang zur Demokratie war nicht unkompliziert insbesondere für diktaturerfahrene
Menschen die den Zusammenbruch des alten Systems und den Beginn einer anderen Zukunft meist
als eine markante Zäsur betrachteten.Für den Schriftsteller Jürgen Fuchs (1950-99) war das Ende
der sowjetischen Hegemonie über Mittel- und Osteuropa nicht nur ein politisch-historisches
Ereignis sondern vielmehr ein persönlicher Einschnitt. Denn nach dem Fall der Berliner Mauer
brach samt der SED-Herrschaft auch ein Unrechtsstaat zusammen der jahrelang gegen den
Intellektuellen und Bürgerrechtler massive Repressalien ergriff und somit seine Biographie
deformierte. Im literarischen Schaffen des in die DDR hineingeborenen Autors spielte die
Erinnerung an das kommunistische Regime und dessen Facetten eine zentrale Rolle: in Gedichten
Essays und Romanen wusste er authentische Erinnerungslandschaften zu entdecken die
eindrucksvoll subjektive Erlebnisse schriftstellerische Autonomie historische Dimension und
die Allmacht des alltäglichen Diktatorischen verdeutlichten. Sein literarisches Werk gewährt
Einblick hinter die Kulissen der sozialistischen Gesellschaft und knüpft unmittelbar an die
Biographie des Betroffenen wie auch Erfahrungen und Wahrnehmungen aus dem totalitären Alltag
an. Fuchs´ eigenwilliges autobiographisches Schreiben bietet nicht nur subjektive Beschreibung
und Kontextualisiserung des Lebens unter totalitären Verhältnissen an sondern es nimmt den
Leser mit auf eine erschütternde Reise in die Zeit der zweiten deutschen Diktatur. Diese Art
von Literatur ist eine realistische (Wieder)Begegnung mit Unterdrückungsmechanismen und Tabus
einer Republik die sich - wie einst der Schriftsteller selbst konstatierte - deutsch und
irrtümlich demokratisch nannte. Jürgen Fuchs war ein unkonventioneller kritischer Autor
dessen Entwicklung nur eine kurze Zeit mit ideologischen Konzeptionen der Partei- und
Staatsführung einherging. Bereits mit knapp 25 Jahren war er bestrebt die Freiheit von
Literatur wie auch seine künstlerische Identität zu bewahren die Ästhetik des Dafür-Sprechens
abzulehnen und der Standardisierung des Denkens und Schreibens entgegenzuwirken. Seine Haltung
dem Regime mit widerständiger Literatur die Stirn zu bieten hatte jedoch ihren Preis: im
SED-Staat kostete sie meist die Freiheit. Kurz nach der Ausbürgerung Wolf Biermanns wurde Fuchs
verhaftet. Neun Monate lang bot er den MfS-Funktionären während der Vernehmungen Paroli und
trotz psychischer Folter und raffinierter Methoden verweigerte er erfolgreich die Distanzierung
von seinen Freunden und Arbeiten. Die U-Haft in Hohenschönhausen sowie das Jahr 1977 waren für
Jürgen Fuchs eine harte lehrreiche Zeit die ihn nicht nur tief prägten sondern auch eine
wichtige Zäsur markierten. Seitdem im Rowohlt-Verlag sein Band Gedächtnisprotokolle erschien
stieg der ehemalige sich literarisch betätigende Psychologie-Student aus Jena zum weithin
beachteten Schriftsteller auf. Im Stasi-Untersuchungsgefängnis nahm seine widersprüchliche
Wahrnehmung ihren Anfang - während die Staatsorgane der DDR gegen ihn ein Ermittlungsverfahren
wegen staatsfeindlicher Hetze einleiteten und die künstlerischen Versuche des Gefangenen als
hetzerische Machwerke und agitatorische Schriften einzustufen versuchten wurde der junge Autor
auf der Buchmesse in Nizza für sein Debütbuch mit dem Internationalen Pressepreis
ausgezeichnet. Diese Tatsache trug zusammen mit Bemühungen des Westberliner Schutzkomitees
Freiheit und Sozialismus d