Die international renommierte polnische Exilzeitschrift Kultura wurde 1947 in Rom gegründet und
erschien später bis zuletzt im Jahr 2000 in Paris. 637 Ausgaben die sich mit allen
dominierenden Problemen Polens Deutschlands und Europas auseinandersetzten von literarischen
politischen und historischen Aspekten angefangen bis hin zur oppositionellen Bedeutung der
polnischen Rockmusik in den achtziger Jahren bilden ein relevantes Kapitel nicht nur in der
Geschichte der Publizistik. Ein reges Interesse an den durch Zensur und andere Maßnahmen
beschränkten Kontakten beweisen den Willen nach der verlorenen Freiheit in allen Bereichen des
öffentlichen Lebens zu suchen. Dieses Ziel das im Thema dieser Dissertation und früher im
Titel eines Artikels von Konstanty A. Jelenski über die deutsche Literatur der fünfziger Jahre
angedeutet wurde brachte nach dem Zweiten Weltkrieg eine neue Qualität in den Dialog zwischen
den Deutschen und Polen.Seit über zweihundert Jahren mit Feindschaft und Vorbehalten belastet
sollte sich dieser Dialog wie dies die Kultura-Autoren anstrebten auf einer anderen
demokratischen und europäischen Ebene entwickeln. Der durch den Nationalsozialismus den
Kommunismus und nicht zuletzt (bei allen Unterschieden) durch den Konsumwahn des westdeutschen
Kapitalismus verdrängte Freiheitsraum bildete für Chefredakteur Jerzy Giedroyc und seine
Mitarbeiter ein komplexes Problem von dem sie selbst als Emigranten betroffen waren.Da die
Geschichte der Zeitschrift und praktische Auswirkungen der dort präsentierten Inhalte in einem
engen Zusammenhang mit den politischen Umbrüchen und Ereignissen in Polen zu sehen sind kann
die Tätigkeit des Pariser Exilmagazins in einer Zeitspanne zwischen 1947 und 1989 und im
weiteren Teil bis zum Tode von Jerzy Giedroyc (2000) behandelt werden.Den chronologischen
Rahmen für diese Abhandlung bilden die Herausgabe der ersten Nummer der Kultura in Rom (Juni
1947) und das Erscheinungsdatum der Rezension über die Blechtrommel von Günter Grass (1962).
Die Festsetzung der oberen Grenze auf ein in literarischer und historischer Hinsicht
bedeutungsloses Jahr markiert symbolisch den Ausklang dreier in dem Pariser Magazin
feststellbaren Tendenzen die sich mit den folgenden Punkten wiedergeben lassen:1. die
Veröffentlichung von Erinnerungen an die Naziherrschaft in Polen (Widerstand gegen die Besatzer
Massenvernichtung Holocaust usw.) und an die dem Krieg vorausgehenden Entscheidungen 2. die
Darstellung der aktuellen auf Politik oder Literatur bezogenen Themen mit einem beinahe
automatischen Hinweis auf die heikle Frage der Abrechnung mit der braunen Vergangenheit des
westlichen Nachbarn Polens 3. der Versuch den Kommunismus und den Nationalsozialismus als
verwandte Erscheinungen konfrontativ zusammenzustellen.Mit anderen Worten bildeten die Jahre
1947-1962 einen Zeitraum in dem die Rezeption der literarischen und politischen Entwicklung
Deutschlands in eine direkte Verbindung mit den Folgen und Einflüssen zweier barbarischer
Diktaturen gebracht wurde. Die totale Niederlage des Dritten Reiches ein neuer
fortschreitender Totalitarismus in der DDR und andererseits die Festigung demokratischer
Machtstrukturen in der BRD weckten gleichzeitig (verständlicherweise) Ängste und Hoffnungen
die nicht nur in der gefährlichsten Phase des Kalten Krieges in einer historischen Perspektive
gesehen werden mussten.Die nachfolgende Zeit zeichnete ein deutlich stärkeres Interesse des
Kultura-Kreises an der gegenwärtigen Entwicklung in beiden deutschen Staaten ab. Die
Studentenrevolte des Jahres 1968 und die ihr vorausgegangene mentale Wende innerhalb der jungen
Generation bedeutete für die Autoren der Pariser Zeitschrift die Notwendigkeit sich mit den
Folgen des steigenden Linksradikalismus auseinanderzusetzen. Wegen des umfassenden Charakters
dieses Protestes war es kaum möglich die Ereignisse an der Universität in Warschau und die
Reaktionen auf die in jener Zeit in der V