Das vorliegende Buch handelt vom Dialog zwischen Polen und Deutschen von der Nachbarschaft
wie sie von ihnen gelebt wurde und wird. Zugegeben: vornehmlich in der literarisch-kulturellen
Dimension dieser Nachbarschaft. Aber wie der Schriftsteller Cornelius Streiter einmal
bemerkte: Immer waren es die Künstler - und damit meinte er auch die Kunst des Wortes - die
Brücken schlugen von Land zu Land von Volk zu Volk von Mensch zu Mensch. Natürlich ist die
Metapher der Brücke (dazu schreibe ich in einem der unten stehenden Texte) im tagespolitischen
Diskurs so oft überstrapaziert dass sie manchmal bar ihres symbolischen Gehalts scheint sie
verweist nichtsdestotrotz immer noch am besten auf die Art des Dienstes hin zu dem Literatur
berufen ist seitdem sie besteht: d.h. zum Brückenschlagen unter Menschen und Völkern. Dass es
um das Verständnis dieser Pflicht unter Schriftstellern und Nationen mitunter sehr
unterschiedlich bestellt war gehört zu den Unabwägbarkeiten der menschlichen Natur.[...]Da ich
diese Zeilen Mitte März 2022 niederschreibe kann ich unmöglich bei den Worten wie Dialog oder
Nachbarschaft die Ukraine dabei vergessen. Angesichts des Unfassbaren das jetzt dort geschieht
beschloss ich das vorliegende Buch mit der Erinnerung an Bronislaw Huberman (1882-1947)
ausklingen zu lassen. Der seinerzeit weltberühmte Geigenvirtuose war auch ein
leidenschaftlicher Verfechter der Idee eines einheitlichen Europas. Seit den zwanziger Jahren
des 20. Jahrhunderts engagierte er sich in der paneuropäischen Einigungsbewegung war ihr
Vordenker und Aktivist. Nach der Katastrophe des Ersten Weltkriegs konnte er sich ein
befriedetes Europa nur in der Gestalt des Vaterlandes Europa vorstellen. Es bedurfte allerdings
noch eines weiteren Weltkriegs ehe die Europäer dazu übergingen diesen Traum in die Tat
umzusetzen. Der Integrationsprozess ist noch nicht abgeschlossen. Der Krieg in der Ukraine
macht deutlich genug dass dieser Prozess fortgesetzt werden muss bis alle europäischen
Staaten in den sicheren Schoss der EU (die seit ihren Anfängen keine kriegerischen
Auseinandersetzungen mehr kennt) gefunden haben.(aus dem Vorwort)